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Nachwuchs für die Feuerwehr in Brandenburg

Der Brandschutz steht in Brandenburg vor großen Herausforderungen – die Personalfrage ist eine davon

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 4 Min.

Mehr als 40 000 Feuerwehrleute gibt es im Land Brandenburg. Nur 700 von ihnen sind bei der Berufsfeuerwehr der vier kreisfreien Städte beschäftigt und lediglich 900 bei der Werksfeuerwehr beispielsweise der Erdölraffinerie in Schwedt, des Stahlwerks in Eisenhüttenstadt, der Tesla-Autofabrik in Grünheide oder auch bei der Flughafenfeuerwehr in Schönefeld. Alle anderen gehören zu den zahlreichen Freiwilligen Feuerwehren in den Städten und Gemeinden. Sie gehen einer anderen Arbeit nach, um den Lebensunterhalt für sich und ihre Familien zu verdienen.

Aber rund um die Uhr seien die Feuerwehrleute an 365 Tagen im Jahr bereit, bei einem Alarm alles stehen und liegen zu lassen und zum Einsatz auszurücken, wie Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) am Freitag in der Potsdamer Staatskanzlei sagt.

Er kann die tapferen Männer und Frauen gar nicht genug loben, die ihre Gesundheit und sogar ihr Leben riskieren, um andere Menschen zu retten und wertvolles Gut vor der Vernichtung zu bewahren. Woidke denkt dabei auch an die Angehörigen, die währenddessen mit der bangen Frage zu Hause sitzen: »Wird mein Mann, mein Freund, meine Frau, meine Tochter gesund vom Einsatz zurückkehren?«

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Dazu mussten sich die Feuerwehrleute lange mit veralteter Technik behelfen, Brände teils mit Löschwagen bekämpfen, die noch aus der DDR stammten. Diese erfüllten sehr lange einwandfrei ihren Zweck. Nun aber waren sie schon jahrzehntealt und damit reparaturbedürftig und störanfällig. Außerdem platzt die Landesfeuerwehrschule in Eisenhüttenstadt aus allen Nähten. Noch viel mehr Kurse müssten angeboten werden, um die Feuerwehrleute für neue Herausforderungen auszubilden. Denn die Klimakrise bringt es mit sich, dass die Zahl der Waldbrände in die Höhe schießt. Stürme wüten öfter und extremer, die Flüsse treten bei Hochwasser häufiger über die Ufer und bedrohen Ansiedlungen. Damit umzugehen, müssen die Kameraden lernen.

Das Land Brandenburg reagierte. Es wird in der mit der Landtagswahl im September zu Ende gehenden Legislaturperiode 320 Millionen Euro in den Brand- und Katastrophenschutz investiert haben, wie Innenminister Michael Stübgen (CDU) vorrechnet. Das sei in den fünf Jahren mehr, als es davor in zehn Jahren gewesen sei. Allein 60 Millionen Euro habe das Land für neue Technik bereitgestellt. 190 Fahrzeuge konnten angeschafft werden. »Das dürfte eine der bundesweit größten Modernisierungen der Fahrzeugflotte gewesen sein«, schätzt der Innenminister.

Was die Landesfeuerwehrschule betrifft, soll jetzt ein zweiter Standort in Wünsdorf aufgebaut werden, wo bislang nur eine Zwischenlösung für einige Lehrgänge für Führungskräfte besteht. Im kürzlich verabschiedeten Nachtragshaushalt sind für dieses Vorhaben im laufenden Jahr zwei Millionen Euro und im kommenden Jahr 21,5 Millionen Euro eingeplant.

Dass der Aufbau des zweiten Standorts nun beginnen könne, ist für Rolf Fünning ein Grund zur Freude. Dem Präsidenten des Landesfeuerwehrverbands ist aber auch klar, dass es noch mindestens fünf Jahre dauern werde, bis der erste Kamerad am neuen Standort Wünsdorf ausgebildet werden könne. Es brauche also vorerst weitere Interimslösungen, sagt er. Um all diese Dinge und weitere Probleme zu besprechen und auf Lösungen zu verständigen, haben sich Ministerpräsident Woidke, Innenminister Stübgen und Umweltminister Axel Vogel (Grüne) am Freitag in der Staatskanzlei mit mehr als 40 Experten von Feuerwehr, Hilfsorganisationen und Forstverwaltung getroffen.

Im vergangenen Jahr waren 245 Waldbrände ausgebrochen, glücklicherweise weniger als im Jahr zuvor. Doch es kommen gewiss wieder schlimmere Phasen. »Der Klimawandel macht uns sehr, sehr zu schaffen«, erklärt Feuerwehrpräsident Fünning. Das installierte Frühwarnsystem funktioniert automatisch und ausgezeichnet – nutzt allerdings wenig, wenn nicht schnell Feuerwehrleute zur Stelle sind, um die Brandherde im Keim zu ersticken. Ein wichtiges Thema der Besprechung sind folgerichtig die Nachwuchssorgen in einem Bundesland, in dem die Bevölkerung zunehmend aus Senioren besteht. Immerhin 17 600 Mädchen und Jungen sind in den Jugendfeuerwehren organisiert.

Vielversprechend hört sich das 2017 an zunächst drei Schulen gestartete Wahlpflichtfach Feuerwehr an. Inzwischen gibt es dieses Fach an 21 Schulen im Bundesland – »und ohne die Corona-Pandemie wären wir schon weiter«, sagt Innenminister Stübgen. »Ich bin begeistert von diesem Projekt«, versichert der 64-Jährige. Wenn er in anderen Bundesländern davon erzähle, heiße es lobend: »Das ist ein Ding. Darauf sind wir noch nicht gekommen.« Stübgen betont: »Es ist weit über ein Modellprojekt hinausgewachsen. Der Bedarf ist da und der Wille ist da, es auszuweiten.« Wie viele Schüler sich infolge des speziellen Unterrichts schon zur Freiwilligen Feuerwehr gemeldet haben, vermag der Minister allerdings nicht zu sagen.

»Wir sind uns einig, dass wir beim Brand- und Katastrophenschutz gut aufgestellt sind«, fasst Regierungschef Woidke zusammen. »Aber wir sind uns auch darin einig, dass wir nachjustieren müssen.«

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