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Die Machtverhältnisse in der Bundesliga der Frauen sind klar
Schon vor dem Spitzenspiel am Samstag sind die Bayern-Frauen den Wolfsburgerinnen um Längen voraus
Natürlich dürfen Horst Hrubesch und Nia Künzer nicht fehlen. Interimstrainer und Sportdirektorin der deutschen Frauen-Nationalmannschaft sind von Amts wegen fast verpflichtet, am Wochenende den Abstecher ins östliche Niedersachsen zu machen. Das Gipfeltreffen zwischen dem VfL Wolfsburg und FC Bayern (Samstag 17.45 Uhr/ARD) mit dem Stelldichein der besten deutschen Fußballerinnen kann eine Vorentscheidung im Meisterschaftskampf bringen. Mehr als 21 000 Tickets sind für die Arena des VW-Klubs verkauft. Gelockt mit dem provokanten Slogan: »Mia san hia zuhause«.
Der Meister aus München reist mit einer kecken Ansage aus höchster Klubebene an. »Wir haben großen Respekt vor dem VfL Wolfsburg, der enorme Verdienste um den deutschen Frauenfußball hat, aber wir sind auf einem guten Weg, dass es hier zu einer Wachablösung kommt«, tönt Präsident Herbert Hainer. Seine Sportchefin Bianca Rech klingt angesichts der desaströsen Bayern-Bilanz in der Autostadt – der letzte Sieg datiert aus dem Jahre 2008 – etwas zurückhaltender: »Die Historie in Wolfsburg springt nicht zwingend für den FC Bayern.« Der würde selbst bei einer Niederlage noch einen Zähler vorne liegen – und hätte bei einem Sieg fast uneinholbare sieben Punkte Vorsprung.
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Wenn es dumm läuft, bleiben die »Wölfinnen« erstmals seit 2012 ohne Trophäe. Die Bayern könnten auch im DFB-Pokalfinale am 9. Mai in Köln in die Wolfsburger Phalanx einbrechen. Im Halbfinale sind Wolfsburg gegen die SGS Essen und Bayern gegen Eintracht Frankfurt erst einmal klar favorisiert. Dass der VfL seine frühere Vormachtstellung einbüßt, ist ansonsten unverkennbar. Der NDR hat mithilfe einer Datenanalyse herausgefunden, dass Torhüterin Merle Frohms, die Verteidigerinnen Marina Hegering und Kathrin Hendrich, aber auch Lena Oberdorf oder Popp schlechter spielen als im Vorjahr. Es läuft unter Trainer Tommy Stroot nicht mehr so rund, wie der einfallslose Auftritt bei der TSG Hoffenheim (1:2) gezeigt hat. Hingegen schafft es auf der Gegenseite der Norweger Alexander Straus, dass die Bayern mit ihren deutschen Aushängeschildern Giulia Gwinn, Klara Bühl und Lea Schüller zumindest national hocheffizient agieren.
Es muss aufhorchen lassen, dass Führungskraft Oberdorf ihren Wechsel zu den Bayern damit begründet, »eine komplette Spielerin« werden zu wollen. Offenbar ist das am Mittellandkanal nicht mehr möglich, wo die Chemie nicht mehr überall stimmen soll. Und während die Bayern selbst die aus dem Ausland stark umworbene Dampfmacherin Sydney Lohmann halten können, verliert Wolfsburg mit Dominique Janssen eine Verteidigerin von internationalem Format. Auch Torjägerin Ewa Pajor werden Abschiedsgedanken nachgesagt.
Die Spielerberaterin Jasmina Covic sagt: »Bayern ist der kommende Serienmeister.« Von der in München lebenden Netzwerkerin wird auch Laura Freigang von Eintracht Frankfurt betreut, wo die Anstrengungen ebenfalls noch erhöht werden. Als der Klub kürzlich die Verpflichtung der Neu-Nationalspielerin Elisa Senß von Bayer Leverkusen vermeldete, hieß es von der Mittelfeldspielerin selbst, sie wollen »in den nächsten Jahren um Titel mitspielen«.
Nach einer Deloitte-Studie erwirtschaftet die um den dritten Rang kämpfende Eintracht mit 3,6 Millionen Euro mehr als jeder andere deutsche Verein mit seinen Frauen. Dass die Budgets in München und Wolfsburg dennoch deutlich höher liegen und fünfstellige Monatsgehälter für die Stars eher die Regel als die Ausnahme sind, hängt mit der hohen Subventionierung der Frauen-Abteilung zusammen. Die Folge: Seit 2015 teilen sich Wolfsburg und Bayern alle Titel auf.
Ganz bewusst hat der Deutsche Fußball-Bund (DFB) dieses Duell auf ein Länderspielwochenende gelegt, um eine Live-Übertragung in den Öffentlich-Rechtlichen zu ermöglichen. Die ARD hat Popp und Co. im Programmschema wie ein »Vorspiel« zum Männer-Länderspiel Frankreich gegen Deutschland platziert.
Gehofft wird auf eine Rekordquote für ein Frauen-Ligaspiel. Bestmarke sind bislang jene 1,83 Millionen aus dem Vorjahr bei derselben Konstellation. Zum Vergleich: Fast 5,6 Millionen haben jüngst das Entscheidungsspiel Deutschland gegen Niederlande im ZDF gesehen, als die DFB-Frauen das Olympia-Ticket lösten. Mittlerweile sind sie in eine Gruppe mit Australien, USA und Marokko oder Sambia gelost worden. Hrubesch und Künzer waren damit übrigens sehr zufrieden.
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