Die magische Nacht von Borussia Dortmund gegen Atlético Madrid

Der BVB geht mit guten Erinneringen in das Duell gegen die Guerillakämpfer des Comandante Diego Simeone

  • Sven Goldmann
  • Lesedauer: 3 Min.
Mann der magischen Nacht gegen Madrid: Raphael Guerreiro (M.)
Mann der magischen Nacht gegen Madrid: Raphael Guerreiro (M.)

Lange nichts mehr gehört von Raphael Guerreiro. Am vergangenen Sonnabend durfte er mal wieder ein paar Minuten mitkicken, aber dieses Mini-Comeback ging unter im desolaten Auftritt seines FC Bayern in Heidenheim. Vor zehn Tagen hatte der portugiesische Europameister von 2016 mit verletztem Oberschenkel auf der Tribüne mitansehen müssen, wie seine Kollegen den Bundesligagipfel gegen die alten Freunde aus Dortmund vergeigten. Sieben Jahre stand er beim BVB unter Vertrag, bevor ihn Thomas Tuchel im vergangenen Sommer nach München holte.

Guerreiro heißt übersetzt Krieger, was nicht ganz zum Stil des kleinen Virtuosen passt. Der 30-Jährige ist ein großartiger Fußballspieler. Am eindrucksvollsten demonstrierte er seine herausragenden Fähigkeiten in einem Duell, das an diesem Mittwoch im europäischen Fußballzirkus zur Wiederaufführung kommt: Borussia Dortmund gastiert bei Atlético Madrid – und schwelgt in Erinnerungen an den Oktober 2018, als die stolzen Guerillakämpfer des argentinischen Comandante Diego Simeone mit 4:0 aus dem Westfalenstadion geschossen wurden.

Zirkus Europa

Früher schlicht Pokal der Landesmeister, heute Champions League: ein inszeniertes Spektakel und Gelddruckmaschine des Fußballs. Sven Goldmann blickt auf den kommenden Spieltag.

Der Mann jener magischen Nacht war Guerreiro, obwohl er nicht mal eine halbe Stunde lang mitspielen durfte. Es ging nicht wie am Mittwoch um den Einzug ins Halbfinale der Champions League, sondern um die Vorherrschaft in der Vorrundengruppe A. Guerreiro sollte auf Geheiß seines Trainers Lucien Favre die linke Seite stabilisieren, weil es nur eine Frage der Zeit zu sein schien, wann Atlético den eher zufällig zustande gekommenen Führungstreffer des BVB ausgleichen würde. Madrid spielte in Dortmund lange Zeit mit jener verwegenen Grandezza auf, die unter Simeone zweimal zum Gewinn der Europa League geführt hatte und zwei weitere Male ins Finale der Champions League.

Dann kam Raphael Guerreiro. Mit seinen begnadeten Füßen und dem Blick für die sich in Folge der Madrider Angriffsbemühungen öffnenden Räume veränderte er die Tektonik des gesamten Spiels. Er schwang sich zum Regisseur am linken Kreidestrich auf und machte zudem, was er sonst eher selten macht. Er schoss Tore, erst das Sicherheit gebende 2:0, kurz vor Schluss noch das finale 4:0. »Ich kann meiner Mannschaft nichts vorwerfen«, sprach ein ratloser, mit Atlético erfolgsverwöhnter Diego Simeone, aber das Ergebnis sei nun mal so deutlich ausgefallen, dass da schwerlich etwas zu relativieren sei. »Dortmund hat das wunderbar gemacht. Diese Mannschaft ist auf einem sehr guten Weg.«

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Dieser Weg endete in Europa ein paar Monate später unspektakulär mit zwei Niederlagen im Achtelfinale gegen Tottenham Hotspur. Und auch die schon fast sichere Deutsche Meisterschaft verspielten die Dortmunder noch gegen die zwischenzeitlich neun Punkte hinterherhinkenden Bayern. Aber Guerreiro hatte Eindruck hinterlassen, auch und gerade bei Diego Simeone, der ihn im vergangenen Sommer nur allzu gern zu Atlético geholt hätte. Der Portugiese entschied sich für die Bayern und Thomas Tuchel. Der Erfolg lässt noch auf sich warten.

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