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Wie es wirklich war…
Zeinab Badawi hat eine authentische Geschichte des Schwarzen Kontinents verfasst
Welche Brille müssen wir absetzen, um – mit Leopold von Ranke gefragt – zu wissen, wie es eigentlich gewesen ist? Zum Beispiel Afrika. Eine überzeugende Antwort darauf gibt die im Sudan geborene, seit ihrer Kindheit in England lebende und dort als erfolgreiche Publizistin arbeitende Zeinab Badawi mit ihrem faktengesättigten Buch »Eine afrikanische Geschichte Afrikas«. Wir müssen die europäische Brille, die des alten weißen Mannes absetzen, die rassistisch verzerrt ist und vieles ausblendet, was zum Verstehen und Erkennen wichtig wäre.
Bereits am Anfang ihres Buches setzt Zeinab Badawi ein Ausrufezeichen: »Kein Mensch auf der Erde kann leugnen, dass Afrika seine ursprüngliche Heimat ist. Es ist heute wissenschaftlicher Konsens, dass der Homo sapiens in Afrika entstanden ist, dass hier die menschliche Geschichte ihren Anfang nahm«, wir also dementsprechend »alle zu einer ursprünglich afrikanischen Diaspora gehören«. Dies vorausgesetzt durchwandert sie Jahrtausende menschlicher Kulturen auf dem afrikanischen Kontinent, beginnend bei den alten Ägyptern und endend beim südafrikanischen Freiheitskämpfer Nelson Mandela.
In 14 Kapiteln behandelt sie ganze Regionen, die kaum deckungsgleich mit den Territorien der heutigen Staaten sind. Die Grenzen auf der afrikanischen Landkarte wurden 1884/85 von den europäischen Großmächten auf der Berliner Kongokonferenz unter Leitung des preußischen Kanzlers Otto von Bismarck mit dem Lineal gezogen, ohne geografische, ethnische oder kulturelle Eigenheiten der dort lebenden Bevölkerungen zu berücksichtigen. Aktuelle Spannungen und Konflikte innerhalb der inzwischen unabhängig gewordenen Staaten sind darauf zurückzuführen. Die Autorin erwähnt aber auch valide Umfragen, nach denen die Mehrzahl der Afrikaner sich heute eher mit der Nation als mit ihrer historischen Ethnie identifizieren.
Badawi beschreibt großartige Kulturleistungen wie die architektonischen Wunder von Groß-Simbabwe oder die wunderbaren Bronzen von Benin. Sie würdigt die klugen Herrscherinnen in Westafrika, vom Weißen Mann nicht ernst genommen. Voller Bewunderung erwähnt sie die »Manden-Charta« von 1236, die allen Bürgern Malis »Freiheit, Würde und Gleichheit« garantierte; ein halbes Jahrtausend später wurde das Volk der Mandinga versklavt und großteils in die USA verschleppt.
Die Autorin verschweigt nicht, dass vor dem transatlantischen Menschenhandel schon die Araber das Geschäft mit der Sklaverei betrieben, ebenso einige innerafrikanische Stämme. Sie macht aber auch auf gravierende Unterschiede aufmerksam: Es ging zwar immer um Macht über Menschen, aber die Europäer versuchten ihren exzessiven Sklavenhandel mit angeblicher Rasseüberlegenheit zu legitimieren.
Badawi hat Orte des mörderischen Menschenhandels aufgesucht, darunter das Cape Coast Castle an der Atlantikküste des heutigen Ghana: »In den Untergeschossen der Burg wurden Sklavenkeller eingerichtet; direkt darüber lag eine Kirche, in der Sklavenhändler und Amtsträger predigten und beteten.« Sie führte Interviews mit Museumsleuten, Nachfahren historischer Persönlichkeiten, darunter Francois Lumumba, Sohn des 1961 ermordeten kongolesischen Freiheitshelden Patrice Lumumba, oder einfachen Menschen, die sich ihrer eigenen Geschichte allmählich bewusst werden.
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Selbst die Abschaffung der Sklaverei erfolgte in einer schändlichen Art. Haiti, die erste unabhängige Schwarze Republik der Weltgeschichte, musste die vormaligen Sklavenhalter für den »Verlust« entschädigen, ihr Geschäft auf der Insel nicht mehr betreiben zu können. Dafür mussten die Haitaner 1825 ein Darlehen in Frankreich aufnehmen, das wegen der exorbitanten Zinsen erst 1947 (!) abbezahlt war. »Ehemals Versklavte waren gezwungen, diejenigen zu entschädigen, die sie versklavt hatten – welch ein erschütternder Zynismus«, kommentiert Badawi empört.
Dies ist eine authentische Geschichte Afrikas, von einer Frau geschrieben, die stolz von sich sagt, sie sei zur Hälfte arabischer und schwarzafrikanischer Herkunft.
Zeinab Badawi: Eine afrikanische Geschichte Afrikas. Vom Ursprung der Menschheit bis zur Unabhängigkeit. A. d. Engl. v. Henning Dedekind u. Elsbeth Ranke. Piper, 512 S., geb., 28 €.
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