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Olympia erobert die Stadt: Spektakel-Stimmung in Paris
In 103 Tagen beginnen die Spiele. Trotz höchster Terrorwarnstufe gibt es wenig Bedenken in der französischen Hauptstadt
Am Pariser Eiffelturm reckten am Mittwoch Hunderte die Köpfe und starrten gebannt nach oben: An einem Tau kletterte die französische Extremsportlerin Anouk Garnier in die Höhe, bis zur zweiten Etage des legendären Bauwerks. In atemberaubenden 18 Minuten stieg die Frau aus dem Burgund hinauf in die Stahlkonstruktion, bis zur zweiten Plattform in 110 Metern Höhe: Weltrekord! Die alte Bestleistung hielt laut Guinness-Buch ein Südafrikaner mit einer 90-Meter-Klettertour. Mit der Aktion sammelte die Athletin Spenden für die französische Anti-Krebs-Liga, ihre Mutter ist an Krebs erkrankt. Die Videos von Garniers Aufstieg gingen um die Welt.
Die Spektakel-Dichte in der an Sensationen nicht eben armen Stadt Paris erhöht sich in den kommenden Wochen noch einmal beträchtlich: Nur noch gute drei Monate, dann werden am 26. Juli an der Seine die Olympischen Sommerspiele 2024 eröffnet, am 28. August dann folgen die XVII. Paralympischen Sommerspiele. Auf dem Weg dahin wird auch die Hindernisläuferin Anouk Garnier das Olympische Feuer durch das Land tragen dürfen, bevor die Flamme für die dritte Olympia-Austragung nach 1900 und 1924 Paris erreicht.
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Olympia zum Anfassen
Olympia will die ganze französische Hauptstadt bespielen. Schon die »Eröffnungsparade« der Spiele der XXXIII. Olympiade soll auf der Seine ausgetragen werden. Mehr als 300 000 Zuschauer werden an dem sechs Kilometer langen Flussabschnitt zwischen Pont d’Austerlitz und Jardins de Trocadéro erwartet, wenn die 205 teilnehmenden Delegationen zum Opening in Schiffen vorbeituckern. Olympia ist dann fast schon zum Anfassen nah.
Zwar hat die Regierung nach dem Terroranschlag auf den Crocus-Konzertsaal bei Moskau die höchste Sicherheitswarnstufe ausgerufen. Doch an den Olympiaplänen der offenen Spiele gebe es insgesamt nichts zu rütteln, teilte Innenminister Gérald Darmanin am Dienstag der Zeitung »Le Parisien« mit. Gegenwärtig gebe es »keine charakteristische terroristische Bedrohung« für die Spiele: »Daher steht es nicht zur Debatte, diese Organisation infrage zu stellen.«
Im Gegenteil seien es hochgesicherte Großereignisse wie Olympia, wo am wenigsten Gefahr drohe. 45 000 Polizisten sind allein für die Eröffnungsfeier im Einsatz, der Zugang zum Gebiet wird schon Wochen vorher eingeschränkt. Zudem werden am ersten Abend der Spiele 2500 zumeist bewaffnete ausländische Polizisten und Sicherheitskräfte zum Schutz ihrer jeweiligen Teams vor Ort sein.
Gigantische Ringe am Eiffelturm
Olympia erobert dieser Tage schon die Stadt: Ende des Monats werden riesige olympische Ringe am Eiffelturm montiert. Auf der Seine-Seite, zwischen erster und zweiter Plattform, 29 Meter breit, 15 Meter hoch, werden die fünf ineinander verschlungenen Ringe in 60 Metern Höhe über der Stadt prangen, des Nachts beleuchtet. Mittlerweile sind solche gigantischen Ringe in den jeweiligen Olympia-Ausrichterstädten Standard: In Tokio schwammen sie 2021 auf einem Floß im Hafen, in Rio 2016 standen sie an der Copacabana, 2012 prangten sie an der Londoner Tower Bridge.
Auf dem Marsfeld neben dem Eiffelturm sollen im Sommer die Beachvolleyballer um Medaillen spielen, daneben wird eine temporäre Halle für Judo und Ringen errichtet. Auf der gegenüberliegenden Flussseite wird aus dem Trocadéro-Garten der Champions Park, in dem jeden Tag die Medaillengewinner mit Familie, Freunden und Fans feiern. 13 000 Menschen können dort täglich Einlass finden. Für die Sicherheitsleute keine leichte Aufgabe.
Olympia ist und bleibt das Sportfest der Zeremonien, Gesten und Rituale: Am Dienstag kommender Woche wird im Heiligen Hain von Olympia im Westen der griechischen Halbinsel Peloponnes das Olympische Feuer entzündet, das dann auf dem Dreimaster »Belem« gen Frankreich segelt. Am 8. Mai wird das Schiff in Marseille anlegen. Die Flamme soll dann durch die Grande Nation touren und zwischenzeitlich sogar per Katamaran in die sechs französischen Überseegebiete reisen.
Ärger in Tahiti
Auf Tahiti, der größten Insel Französisch-Polynesiens, werden die olympischen Surfwettbewerbe ausgetragen, gut 15 000 Kilometer von Paris entfernt. Die riesigen Wellen von Teahupo’o sind legendär. Allerdings sind die olympischen Wettbewerbe unter den Einheimischen umstritten; spätestens, seit ein Lastkahn im Dezember das Korallenriff beschädigte, als er das Fundament für einen 14 Meter hohen, neun Tonnen schweren Aluturm legen sollte, auf dem Surf-Jury und TV-Kameras Platz finden. Der Aufschrei war groß, die lokale Umweltorganisation Vai Ara O Teahupo’o sammelte online mehr als 250 000 Unterschriften für die Forderung, statt des Aluturmes den temporären Holzturm zu verwenden, der bisher bei internationalen Wettbewerben zum Einsatz kam. Am Ende entschlossen die Olympiamacher sich für einen leichteren Aluturm.
Die Seine ist zu schmutzig
Umweltbedenken wurden in dieser Woche auch in Paris selbst laut. Die in Biarritz ansässige Umweltschutzorganisation Surfrider Foundation meldete am Montag, sie habe sechs Monate lang von einem Labor durchgeführte Tests von Seine-Wasser analysiert: Das Flusswasser sei weiterhin verschmutzt und potenziell gefährlich für die Athleten, die hier um Olympiamedaillen schwimmen sollen: Freiwasserschwimmer und Triathleten müssen bei ihren Wettbewerben durch die Seine kraulen.
Organisationschef Tony Estanguet wies die Bedenken der NGO auf einer Pressekonferenz am Mittwoch zurück: »Es ging nie darum, im Winter in der Seine schwimmen zu wollen. Das Ziel besteht bereits jetzt darin, im Sommer schwimmen zu können, und es wird alles getan, um sicherzustellen, dass dies im nächsten Sommer der Fall ist«, sagte der ehemalige Kanute. Alle Vorbereitungen liefen planmäßig. Ein großer Teil der 7,9 Millionen Tickets sei bereits verkauft, am Mittwoch kämen ab 10 Uhr 250 000 neue Karten in den Online-Verkauf. »Wer welche braucht, sollte sich beeilen.«
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