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Berliner Kindl-Brauerei: Von Lagerhalle zu sozialen Gewerberäumen
Neue Genossenschaft lädt zu Flohmarkt auf dem Gelände der ehemaligen Kindl-Brauerei in Neukölln ein
Am kommenden Sonntag, den 21. April, wird es voll auf dem Gelände der ehemaligen Kindl-Brauerei im Neuköllner Rollbergkiez. Die Vollgut-Genossenschaft lädt die Nachbarschaft von 10 bis 15 Uhr zum ersten Flohmarkt auf der Freifläche Am Sudhaus 3 ein. Die frisch gegründete Genossenschaft hat viel vor: In einem ehemaligen Lagergebäude sollen bis 2027 Freizeitangebote, soziale Räume, eine Markthalle, Gewerberäume und vieles mehr entstehen.
Als Zusammenschluss von derzeitigen und künftigen Nutzer*innen der Räume ist es der Vollgut eG wichtig, eine gute Verbindung zu ihrer Nachbarschaft aufzubauen. »Wir sind überwältigt von dem großen Interesse«, sagt Vorstand Simon Lee. Sie hätten mit rund 20 Interessierten gerechnet, und damit wäre die Fläche schon gut gefüllt. »Aber mittlerweile haben wir über 70 Anmeldungen für Stände«, berichtet er.
Der Mathematiker Lee ist kaufmännischer Vorstand der Vollgut eG und hat sich dem »transformatorischen Bauen« verschrieben. Gemeinsam mit seiner Vorstandskollegin, der Architektin Aslı Varol, und anderen hat er das Vollgut-Konzept entwickelt und die Genossenschaft gegründet. Diese möchte das nahezu leerstehende Vollgut-Lager der ehemaligen Kindl-Brauerei ausbauen, um 25 000 Quadratmeter bezahlbaren Gewerberaum zu schaffen.
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Das Vollgut-Gebäude hat nur ein oberirdisches Stockwerk, das derzeit noch überwiegend für Kart-Rennen genutzt wird. Von der tieferliegenden Neckarstraße aus sind die vier Untergeschosse zu sehen. Die Genossenschaft plant einen behutsamen Umbau mit möglichst wenig Material- und Energieeinsatz. Neben dieser ökologischen Ausrichtung verfolgt sie auch soziale Zielsetzungen.
Nutzen für die Nachbarschaft
Der Rollbergkiez leidet seit Jahren unter Mietsteigerungen und Verdrängung von Bewohner*innen und Kleingewerbe. So wie viele weitere Projekte auf dem Kindl-Areal sieht sich auch die Vollgut-Genossenschaft als Teil des Kiezes und möchte sich aktiv in die Nachbarschaft einbringen und diese unterstützen. Dieses »Lokalwohl« beschreibt Aslı Varol als »dauerhafte Verpflichtung der Genossenschaft und ihrer Mitglieder, sich nicht nur um ihre eigenen Belange zu kümmern, sondern auch Verantwortung in der Nachbarschaft zu übernehmen«.
Die Vollgut eG soll – wie jede Genossenschaft – vorrangig ihre Mitglieder fördern. Dies sind die zukünftigen Nutzer*innen des Gewerbegebäudes, die sich dauerhaft günstige und sichere Räume schaffen. Es sind keine profitorientierten Unternehmen, sondern soziale Projekte wie das Schwuz, ein Ort für queere Kultur, der schon jetzt die Räume nutzt, oder die Film-Arche, eine selbstorganisierte Filmschule. Auch ein Archivzentrum mit dem Feministischen Archiv FFBIZ, dem Spinnboden-Lesbenarchiv und der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft sowie eine koreanische Markthalle werden einziehen. Die letzten Flächen werden zurzeit vergeben.
Da keine Profite erwirtschaftet werden müssen, kalkuliert die Genossenschaft mit einem günstigen Mietpreis von 6,50 bis 15 Euro pro Quadratmeter. Eingerechnet sind dabei jedoch auch Überschüsse für einen Community-Fonds, um daraus Projekte in der Nachbarschaft zu unterstützen. Wenn später einmal die Kredite zurückgezahlt sind, sollen die Nutzungsentgelte nicht gesenkt werden, sondern weitere Überschüsse in den Community-Fonds fließen.
Immobilie der Spekulation entziehen
Im Moment sucht die Genossenschaft Investoren, die ihre sozialen und ökologischen Ziele teilen und Geld zu einem niedrigen Zinssatz in diesem ambitionierten Projekt anlegen möchten. Denn die Mitglieder selbst verfügen nicht über ausreichendes Eigenkapital, um Bankkredite aufnehmen zu können. Wenn zum Ende des Jahres die Finanzierung von einer mittleren zweistelligen Millionensumme steht und der letzte Bauantrag bewilligt ist, wird die Vollgut eG mit der Eigentümerin des Grundstücks, der Terra Libra GmbH, einen Erbbaurechtsvertrag abschließen. Terra Libra ist ein Tochterunternehmen der gemeinnützigen Schweizer Stiftung Edith Maryon, die bereits eine Reihe von selbstverwalteten Hausprojekten in Berlin ermöglicht hat. In dem Erbbauvertrag werden die ökologischen und sozialen Ziele festgeschrieben und das Grundstück wird langfristig dem Immobilienmarkt und der Spekulation entzogen. Im nächsten Jahr kann es dann losgehen mit dem Ausbau des Gebäudes.
Schon jetzt beginnen
»Wir möchten schon jetzt etwas für die Nachbarschaft tun und nicht nur darüber reden«, betont Aslı Varol. »Darum fangen wir jetzt schon mal mit kleinen Lokalwohl-Aktivitäten an und finanzieren sie aus unseren Genossenschaftsmitteln.« Die Verkaufsstände für den ersten Flohmarkt am Sonntag werden für nur fünf Euro Miete angeboten, obwohl die Kosten ein Vielfaches betragen. Weitere Flohmärkte sollen folgen. Eingeladen sind ausschließlich Privatpersonen aus der Nachbarschaft, die Kleidung, Spielzeug, Bücher, Haushaltsgeräte und weiteres verkaufen möchten.
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