Kreislaufwirtschaft mit Urin

Wertvolle Nährstoffe könnten im Pflanzenbau genutzt werden

  • Susanne Aigner
  • Lesedauer: 3 Min.
Hobbygärtner dürfen bei einem Citizen-Science-Pojekt Urindünger testen.
Hobbygärtner dürfen bei einem Citizen-Science-Pojekt Urindünger testen.

Urin enthält bedeutende Pflanzennährstoffe wie Stickstoff oder Phosphor. Mit anteilig einem Prozent am gesamten Abwasservolumen ist er für 70 bis 80 Prozent des Stickstoffs und 45 bis 60 Prozent des Phosphors im Abwasser verantwortlich. Doch wie diverse Feldversuche zeigen, könnten Urin und Fäkalien als Dünger sinnvoll eingesetzt werden.

So zeigte das Citizen-Science-Projekt Urban Cycles, dass Recyclingdünger aus Urin im Hobbygarten funktionieren. Vom Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ) koordiniert, düngten Gartenteams in Berlin eine Saison lang ihr Gemüse mit Recyclingdünger aus synthetischem Urin. Im Vergleich zu mit Brennesseljauche, Hornspänen oder gar nicht gedüngten Kontrollbeeten waren die Erträge höher. Auch in diesem Jahr werden die Versuche in Hobbygärten fortgesetzt.

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Bei einem Test mit Weißkohl in Großbeeren/Brandenburg wurden mit Urindünger ebenso gute Ergebnisse wie mit im Biolandbau etabliertem Dünger erzielt. Im Vergleich dazu sind die Erträge bei Kompost aus menschlichem Stuhl geringer. Seine Studienergebnisse veröffentlichte das Forschungsteam um Franziska Häfner am IGZ vor einem Jahr im Fachjournal »Frontiers in Environmental Science«.

Das Team setzte Weißkohl in drei Böden, die sich vor allem im Lehmanteil unterschieden. Die Dünger wurden einzeln angewendet, zudem gab es Kombinationen aus Stuhlkompost und Urindünger. Letzterer basiert auf künstlichem Urin als Ausgangsstoff und enthält alle Stoffe, die im menschlichen Urin zu finden sind, wie Harnstoff, Kreatinin und Salze.

Als Vergleichsprodukt diente Vinasse, ein für den Bioanbau zugelassener Dünger auf Basis von Reststoffen aus der Zucker- und Alkoholindustrie. Am ertragreichsten waren mit den Urindüngern Aurin oder Crop oder mit Vinasse gedüngte Pflanzen auf sandigem Boden mit geringem Lehmanteil. Hier betrug die Ausbeute etwa 72 Tonnen pro Hektar. Die Düngemittel aus menschlichem Urin waren demnach ebenso gut wie der für den Biolandbau zugelassene Dünger. Etwas schlechter schnitt die Kombination aus Stuhl- und Urindünger ab. Noch geringere Erträge brachte die reine Stuhlkompostvariante.

Das Team untersuchte den Weißkohl auf 310 Substanzen und fand lediglich minimale Spuren des Medikaments Carbamazepin. Mit Nitrat angereicherte Urindünger wie Aurin und Crop haben ein enormes Potenzial als Dünger in der Landwirtschaft, schlussfolgern die Wissenschaftler. In ihrer Wirkung sind sie vergleichbar mit anderen Düngern und sie weisen eine geringere Schwermetallbelastung auf.

Die kombinierte Anwendung von nitrifiziertem Urindünger und Fäkalienkompost führe zwar zu etwas geringeren Ernteerträgen, erklärt Franziska Häfner. Langfristig jedoch erhöhe sie den Kohlenstoffgehalt des Bodens und unterstütze somit eine klimaresistente Nahrungsmittelproduktion.

Bei richtiger Aufbereitung und Qualitätskontrollen könnten bis zu einem Viertel der hierzulande genutzten synthetischen Mineraldünger durch Recycling aus menschlichem Urin und Kot ersetzt werden, betont die Studienleiterin. Würden dazu die Zahl der Nutztiere und der Anbau von Futterpflanzen reduziert, wäre noch weniger Kunstdünger nötig. Auch der Verbrauch von fossilem Erdgas würde sich verringern.

Doch wie kommt der Urin dorthin, wo er gebraucht wird? Indem er zum Beispiel in speziellen Toiletten gesammelt und zielgerichtet aufbereitet wird. Im Rahmen des Projektes »Combined Regenerative Organic Food Production« am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt wurde zum Beispiel eine Filteranlage entwickelt, die aus Urin einen Mineraldünger mit hohem Stickstoffgehalt herstellen kann. Damit könnte das Gemüse in einem Weltraumgewächshaus gedüngt werden. Werden Abfälle wie Urin recycelt, um Lebensmittel zu produzieren, wird der Nährstoffkreislauf geschlossen. Was für Langzeitmissionen zum Mars gilt, kann auch auf der Erde überlebenswichtig sein.

Allerdings sind Urindünger im Garten- und Landbau hierzulande verboten. Angesichts der vielversprechenden Ergebnisse plädieren Wissenschaftler für deren Zulassung.

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