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Thüringer Kommunalwahl: Freie Wahlfahrt für Extremisten
Ausschuss lässt Tommy Frenck und Stefan Möller für Thüringer Kommunalwahl zu
Erfurt war schon krass, aber mal wieder war die Sache im südthüringischen Hildburghausen noch krasser: In dem Landkreis, der in den vergangenen Jahren immer wieder durch rechtsextreme Umtriebe aufgefallen ist, wurde vergangene Woche mit Tommy Frenck ein bekennender Neonazi und Hitler-Fan als Kandidat für die Landratswahl zugelassen. Frenck ist eine Schlüsselfigur der rechtsextremen Szene Thüringens und Ostdeutschlands und Gründer des »Bündnis Zukunft Hildburghausen«.
Zwar ist die Rechtslage eindeutig: Nach dem Thüringer Kommunalwahlgesetz kann zum Oberbürgermeister, Bürgermeister oder Landrat »nicht gewählt werden, wer nicht die Gewähr dafür bietet, dass er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und der Landesverfassung eintritt«. Doch obwohl das Thüringer Innenministerium die Kommunen im Freistaat in den vergangenen Wochen und Monaten erneut auf diese seit Langem bestehende Rechtslage hingewiesen hat: Eine Mehrheit von drei zu zwei Mitgliedern des zuständigen Wahlausschusses in Hildburghausen hat sich davon nicht beeindrucken lassen und Frenck trotzdem für die Landratswahl zugelassen.
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Zuvor hatte der Thüringer Verfassungsschutz den Ausschussmitgliedern ein siebenseitiges Dossier über Frenck zukommen lassen – eigentlich unnötig, da dieser seit Jahren immer wieder namentlich in Verfassungsschutzberichten auftaucht. In einem von ihm betriebenem Online-Shop gibt es zudem T-Shirts mit Aufdrucken wie »Make Germany White Again« oder »Deutsches Reich« zu kaufen.
Am gleichen Tag, an dem Frenck in Hildburghausen als Landratskandidat zugelassen wurde, bestätigte der Wahlausschuss in Erfurt die Kandidatur des Thüringer AfD-Ko-Landesvorsitzende Stefan Möller für das Amt des Oberbürgermeisters in der Landeshauptstadt. Auch hier stimmten drei Mitglieder des Ausschusses dafür und zwei dagegen. Ein Argument, das während der Sitzung zu seinen Gunsten vorgebracht wurde: Es sei bei Möller – neben Björn Höcke das Gesicht der als rechtsextrem eingestuften Thüringer AfD – angeblich nicht so einfach nachzuvollziehen, ob er persönlich wirklich die Parteilinie vertrete.
Insbesondere diese beiden Entscheidungen der jeweiligen Wahlausschüsse unterstreichen, wie sehr die im Mai stattfindenden Thüringer Kommunalwahlen schon heute unter der Frage stehen, welche Rolle Extremisten dabei spielen werden – und wie sich Parteien jenseits der AfD verhalten, wenn sie nun gegen sie Wahlkampf machen müssen.
Nach der Entscheidung von Erfurt ist diese zweite Frage für die Thüringer SPD zu einer innerparteilichen Kontroversen geworden. Denn im dortigen Wahlausschuss war es ausgerechnet ein Sozialdemokrat, der mit seiner Stimme die Kandidatur Möllers um das Oberbürgermeisteramt möglich gemacht hat. Neben diesem hatten der örtliche Wahlleiter und ein AfD-Vertreter für die Kandidatur Möllers gestimmt, Vertreter von CDU und Linke waren dagegen.
Sowohl Thüringens Kommunalstaatssekretärin Katharina Schenk, die ein SPD-Parteibuch hat, als auch Thüringens Verfassungsschutzpräsident Stephan Kramer, auch ein Sozialdemokrat, haben ihren Unmut über die Entscheidung ihres Parteifreundes inzwischen auch öffentlich gezeigt. Es sei »bedauerlich, dass ihr da steht, wo die rechtliche Lage nicht steht«, schrieb Schenk an die Erfurter SPD gerichtet bei Instagram.
Zuvor hatten bereits die Linke-Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss und die Grüne-Innenpolitikerin Madeleine Henfling die Entscheidungen in den Fällen Frenck und Möller scharf kritisiert. Dass ausgerechnet ein SPD-Stadtrat die Aufstellung Möllers ermöglicht habe, mache es besonders unglaubwürdig, wenn aus den Reihen dieser Partei zum Kampf gegen Rechtsextremismus aufgerufen werde, hatte König-Preuss gesagt. Henfling hatte unter anderem moniert, die Sitzung des Wahlausschusses in Hildburghausen sei offenkundig schlecht vorbereitet worden. Andernfalls hätten alle dortigen Vertreter »unweigerlich« zu dem Schluss kommen müssen, dass Frenck die für einen Bewerber bei einer Landratswahl gesetzlich geforderten Voraussetzungen nicht erfülle.
Rückgängig machen lassen sich die Entscheidungen weder da noch dort. Sollten Frenck oder Möller wirklich zum Landrat oder Oberbürgemeister gewählt werden, könnte die Kommunalaufsicht die jeweilige Wahl höchstens im Nachgang wegen eines Rechtsverstoßes bei der Kandidatenzulassung anfechten.
Dass es auch anders gehen kann zeigt unterdessen ausgerechnet das Beispiel Gera. Dort hatte der kommunale Wahlausschuss entschieden, einen Mann namens Yves Berlinghoff nicht als Bewerber für die Oberbürgermeisterwahl zuzulassen, weil der starke Verbindungen ins rechtsextreme Milieu und in die Reichsbürgerszene hat. Das ist deshalb bemerkenswert, weil die Stadt als AfD-Hochburg gilt.
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