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Angebliche RAF-Solidarität wird teuer
Ex-Betriebsrätin erhält Entschädigung. Ihr Bremer Betrieb wollte sie loswerden, weil sie eine Kundgebung angemeldet hatte
Man habe sich im »gegenseitigen Einvernehmen« von der Betriebsrätin Ariane Müller getrennt, erklärte die Sprecherin Krankenhausgesellschaft Gesundheit Nord (Geno) gegenüber lokalen Medien in Bremen. Die Krankenschwester hatte im März die Kundgebung »Solidarität mit Daniela Klette« angemeldet und wurde daraufhin beurlaubt.
»Details« über den Vorgang will die Geno-Sprecherin nicht nennen. Dass eine Abfindung bezahlt werden musste, hat Karen Matiszick auf Nachfrage nicht dementiert. »nd« hat aus informierten Kreisen erfahren, dass etliche Zehntausend Euro geflossen sind. Gegenüber »nd« durfte sich auch die Krankenschwester Ariane Müller dazu nicht äußern, denn es sei »gegenseitiges Stillschweigen« vereinbart worden.
Daran hatte die Geno ein Interesse. Denn die Vorgänge, für die die engagierte Betriebsrätin im März beurlaubt wurde, hätten nach Ansicht von hochrangigen Juristen vor Gericht keinerlei Bestand gehabt. Die hätten für Beteiligte sogar strafrechtliche Konsequenzen haben können, da ihre Betriebsratsarbeit stark behindert wurde. Das kann mit Gefängnisstrafe geahndet werden. So ist verständlich, dass die Klinik angesichts der Drohungen von Müller, sich auch juristisch zu wehren, einlenkte. Das kostet die Klinik viel Geld, und trotz Personal- und Fachkräftemangel verliert die Geno eine kompetente Mitarbeiterin, die 50 Jahre dort gearbeitet hat.
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Im Hintergrund stand die private Anmeldung einer Kundgebung vor dem Frauengefängnis im niedersächsischen Vechta unter dem Motto: »Solidarität mit Daniela Klette«. Die war im Februar als mutmaßliches Ex-Mitglied der Rote Armee Fraktion (RAF) in Berlin verhaftet worden. Die Anmeldung der Kundgebung wurde breitgetreten. Die »Bild«-Zeitung titelte sogar vorauseilend: »Anmelderin von Klette-Demo verliert Job«. Es wurde falsch und vorverurteilend berichtet. Die Teilnehmer*innen der genehmigten Kundgebung wurden wie Müller zu Terrorismus-Sympathisanten gestempelt. Dabei wurde dort ausdrücklich erklärt, man unterstütze nicht die ohnehin vor 26 Jahren aufgelöste RAF. Man wolle vielmehr »allen Gefangenen Solidarität und Grüße« übermitteln. Auch die Tradition der Isolationshaft für mutmaßliche RAF-Mitglieder wurde als »Folter« angeprangert.
»Entsetzt« zeigte sich Müller, neben dem Vorgehen der Geno-Leitung, vor allem über das Verhalten des Betriebsrats. Statt eine Kollegin zu verteidigen, habe der sich auf einer Sondersitzung in vorauseilendem und vorverurteilendem Gehorsam geübt. Er machte den Weg für das Vorgehen der Geno gegen die Nachtschwester frei. Auf einer Sondersitzung wurde Müller von der Position als freigestellte Betriebsrätin abgewählt. Sie musste unter »Bewachung« ihr Büro ausräumen. »Kollegen sind sogar daran gehindert worden, mir zu helfen«, erklärt sie dem »nd«.
Müller meint, Betriebsrat und Firmenleitung hätten sich die Bälle zugespielt. »Die hätten mich nicht von der Arbeit entbinden können, solange ich freigestellte Betriebsrätin bin.« Das bestätigt die Geno-Pressemitteilung. Ihre Abwahl sei »eine Mitvoraussetzung« für die Beurlaubung gewesen. Die Geno, vom Betriebsrat gedeckt, verordnete Müller sogar schriftlich ein Kontaktverbot. Sie dürfe das Klinikgelände nur »nach ausdrücklicher Zustimmung« betreten und »ohne vorherige Zustimmung auch keinen Kontakt zu unseren Beschäftigten aufnehmen«. Damit wurde ihre Betriebsratstätigkeit ausgehebelt, sogar die dienstliche E-Mail-Adresse gesperrt.
Warum auch eine Beschäftigtenvertretung so agiert, dazu hat sich der Betriebsratsvorsitzende Manfred Kölsch auf nd-Nachfrage nicht geäußert. Vor zwei Jahren habe er die Anführerin der Liste »Uns reichts« schon »mit falschen Beschuldigungen eines angeblichen Abrechnungsbetrugs angeschwärzt«. Auch damals wurde die kämpferische Frau, die in den 1970er Jahren von Berufsverbot betroffen war, freigestellt, dann aber schnell rehabilitiert.
Erfreut ist die engagierte und bekannte »Bremerin des Jahres« im Jahr 2021 über die große Solidarität in der Belegschaft und im sozialen Umfeld. Sogar die eines »höheren CDU-Manns«, streicht sie heraus. Müller bemängelt, dass sich ihre Gewerkschaft bisher nicht offiziell geäußert habe. Viele Verdi-Mitarbeiter hätten sie aber unterstützt. Besonders freut Müller, dass nach einer zweiten von ihr angemeldeten Kundgebung die Isolationshaft für Klette aufgehoben wurde. Die bedankte sich in einem Brief dafür, dass sie nun »eine Stunde gemeinsamen Hofgang mit anderen Frauen« habe und nun auch »in einer Zelle ohne Videokamera« sei und »das Fenster öffnen« könne.
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