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Abwahlantrag gegen Potsdams Oberbürgermeister perfekt

Nach Korruptionsvorwurf gegen Mike Schubert (SPD) ausreichend Unterschriften von Stadtverordneten beisammen

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 4 Min.

Kurz vor der Kommunalwahl am 9. Juni ist die mögliche Abwahl des Oberbürgermeisters Mike Schubert (SPD) in die Wege geleitet. Der Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Pete Heuer (SPD) sagt dazu auf Anfrage nur einen Satz: Am frühen Donnerstagabend sei für den Abwahlantrag die erforderliche Zahl Unterschriften von Stadtverordneten erreicht worden.

Bei insgesamt 57 Stadtverordneten müssen es mindestens 29 Unterschriften sein. Aber zu allen Details gibt es von Heuer keine Auskünfte. Warum der Abwahlantrag zustande kam, ist allerdings offenkundig. Oberbürgermeister Schubert sieht sich dem Vorwurf der Bestechlichkeit ausgesetzt. Er hat kostenlose Tickets zu Sportveranstaltungen angenommen, zu denen er dann manchmal seine Frau mitnahm. So besuchte Mike Schubert Spiele des Handballvereins VfL Potsdam und anderer Mannschaften verschiedener Sportarten.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der Vorteilsannahme. Einstweilen ruht ein Disziplinarverfahren, das Schubert beim Innenministerium gegen sich selbst angestrengte, um die Vorwürfe auszuräumen. Er bestreitet, korrupt zu sein. Der Politiker hat angekündigt, der Antikorruptionsbeauftragte der Stadtverwaltung solle mit der Organisation Transparency International prüfen, wann und wo der Oberbürgermeister ein Spiel umsonst besuchte und dies von einer Richtlinie zu Repräsentationspflichten des Stadtoberhaupts nicht gedeckt war – weil er sich, anders als dort vermerkt, von seiner Frau begleiten ließ. Der Politiker möchte den Eintritt dann nachträglich bezahlen.

Schubert wurde 2018 für acht Jahre gewählt. Mit der Kommunalwahl am 9. Juni ist seine Amtszeit noch nicht beendet. Neu bestimmt werden dann lediglich die Stadtverordneten. Die neue Stadtverordnetenversammlung tritt voraussichtlich am 1. Juli erstmals zusammen. Einige der bisherigen Stadtverordneten wie Pete Heuer treten nicht wieder an. Andere werden vielleicht nicht gewählt. Doch frühestens am 24. Juni darf über den Abwahlantrag abgestimmt werden. Es gilt eine einmonatige Frist, quasi zur Abkühlung erhitzter Gemüter.

Laut Gesetz dauert eine Wahlperiode fünf Jahre und endet mit der Konstituierung der neuen Stadtverordnetenversammlung oder spätestens 30 Tage nach der Kommunalwahl. Dass die Stadtverordnetenversammlung zwischen dem 24. Juni und dem 1. Juli noch einmal in alter Zusammensetzung tagt, um den Oberbürgermeister abzuwählen, hält Linksfraktionschef Stefan Wollenberg für fragwürdig. Denn dazu wäre sie nach der Kommunalwahl vom 9. Juni nach seiner Auffassung eigentlich nicht mehr legitimiert. »Selbst wenn das juristisch in Ordnung sein sollte, politisch wäre das abenteuerlich«, meint Wollenberg. Die Linke würde da nicht mitmachen, sagt er. »Wir lassen uns für SPD-interne Machtkämpfe nicht instrumentalisieren.« Denn es wird gemunkelt, dass die Anschuldigungen aus den eigenen Reihen kommen.

Die Linke habe auch jede Menge inhaltliche Kritik an Schubert, sagt Wollenberg. »Aber die tragen wir in der Sache aus und nicht über das Vehikel von VIP-Tickets.« Eine Abwahl müsse sich auf Beweise stützen und nicht auf anonyme Briefe und Vermutungen. Sollte sich allerdings herausstellen, dass sich Schubert schuldig machte, »dann erwarte ich, dass er selbst Konsequenzen zieht«, erklärt Wollenberg.

Wer alles den Abwahlantrag unterschrieben hat, ist unklar. Aber einige bekennen sich öffentlich dazu – so der Stadtverordnete Hans-Jürgen Scharfenberg. Er trat Ende 2023 aus der Linken aus und mittlerweile dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) bei. Bereits im Januar hatte Scharfenberg eine Missbilligung des Oberbürgermeisters beantragt, die damals nur mit knappem Ergebnis abgelehnt worden sei, wie er erinnert. Scharfenberg hält Schubert als OB für ungeeignet. »Die Tickets sind allenfalls der Anlass für den Abwahlantrag, die Ursache ist seine Amtsführung in den vergangenen fünf Jahren.«

Das Vertrauensverhältnis zu Stadtverordneten und Stadtverwaltung sei zerstört. Schubert habe praktisch nichts zuwege gebracht. Als Beispiel nennt Scharfenberg die Idee des OB, anstatt nach dem Turm der umstrittenen Garnisonkirche auch das Kirchenschiff wiederaufzubauen, dort ein »Haus der Demokratie« zu errichten, in das die Stadtverordneten umziehen sollten. Das hätte Schubert erst einmal mit den Betroffenen besprechen sollen. Es sei doch klar, dass dies nicht zu finanzieren sei. Es würde mindestens 20 bis 30 Millionen Euro kosten. »Wo sollen die herkommen?«

Der aus persönlichen Gründen scheidende Stadtverordnete Sascha Krämer (Linke) sieht es ähnlich. »Schubert fehlte von Anfang an Demut vor dem Amt«, beklagt er. Es mangele dem Rathauschef an Einsicht und der Größe, Fehler einzugestehen. Nicht seine Kritiker beschädigten das Image Potsdams. »Das schafft der OB ganz allein.« Die Stadt sei in einer schwierigen Lage. »Mit den Finanzen geht es bergab. Nicht nur bei Kultur, Sport und Bildung wird gespart.« Gerade jetzt brauche es »einen pragmatischen, umsetzungsstarken Visionär, der Spielräume mit und für die Menschen nutzt«.

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