Das Militär als Stütze der herrschenden Klasse

Maxi Kisters argumentiert gegen die Wiedereinführung der Wehrpflicht in Deutschland

  • Maxi Kisters
  • Lesedauer: 3 Min.
Er treibt die Wiedereinführung der Wehrpflicht voran: Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD).
Er treibt die Wiedereinführung der Wehrpflicht voran: Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD).

Mit 17 hat mir die Bundeswehr eine personalisierte Postkarte geschickt. Damals warf ich sie – ohne weiter drüber nachzudenken – in den Mülleimer. Künftig, so hat der Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) kürzlich angekündigt, soll das nicht mehr gehen: Jede*r im wehrfähigen Alter soll einen Brief bekommen, in dem »Eignung und Motivation« abgefragt wird, um potentiell taugliche Rekrut*innen zum Wehrdienst einzuladen. Männer sind dazu verpflichtet, den Fragebogen auszufüllen. Wer sich weigert, soll sanktioniert werden. Frauen kann es gesetzlich (noch) nicht vorgeschrieben werden.

Pistorius will damit der von fast allen Parteien geforderten Stärkung der Bundeswehr nachkommen, um Deutschland wieder wehrfähig zu machen. Er ebnet durch diesen Schritt den Weg zu einer Rückkehr der Wehrpflicht, die zur Zeit nur ausgesetzt und nicht abgeschafft ist. Eine mögliche Wiedereinführung wird schon länger diskutiert und auch offen gefordert: Die CDU beschließt die Rückkehr zur Wehrpflicht mit großer Mehrheit auf ihrem Parteitag; und die AfD hat sie schon immer im Grundsatzprogramm stehen.

Die tatsächliche Effektivität einer neuen Wehrpflicht ist hingegen umstritten, denn der Bundeswehr jetzt 20 000 neue Rekrut*innen zu bescheren, würde kurzfristig nichts für die tatsächliche militärische Stärke des Landes bringen. Es fehlt noch immer an Geld und Ausbildungsstrukturen, um diese zu Soldat*innen zu machen. Darum will der Minister mit seinem Vorstoß eine andere Wehrfähigkeit herstellen: die Bereitschaft, wieder nationales oder zumindest europäisches Interesse zu verteidigen.

Maxi Kisters

Maxi Kisters ist Mitglied im Bundesvorstand von Die Linke.SDS.

Erst kürzlich ergab eine Studie zur Jugend in Deutschland, dass sich 59 Prozent der Befragten Sorgen um Krieg in Europa und Nahost machen. Dieser Gedanke ist jungen Menschen allgegenwärtig. Und was macht das Verteidigungsministerium? Es hat nichts besseres zu tun, als die Jugendlichen mit dem Militärdienst zu konfrontieren. Die Verpflichtung zur Umfrage sorgt dafür, die Option, Deutschland im Krieg zu verteidigen, präsent und realistisch zu machen.

Dieselbe Studie ergab ebenfalls, dass junge Menschen zum Großteil unzufrieden mit den politischen Verhältnissen in Deutschland sind und auch mit Sorge in die Zukunft blicken. Der Staat muss sich zunehmend darum bemühen, nach innen seine Hegemonie zu bewahren. Den Militarismus hat Rosa Luxemburg einmal treffend als »gesellschaftlich und politisch beste Stütze ihrer Klassenherrschaft« beschrieben. Das bewahrheitet sich nun, denn es soll ein vermeintlicher Konsens geschaffen werden, dass die herrschenden Verhältnisse militärisch schützenswert sind. Auch darum soll die Bundeswehr für Leute attraktiv gemacht werden, die eine Karriere dort gerade nicht erwägen. Sie soll wieder stärker Züge einer Volksarmee annehmen. Einer Institution, der sich eine Nation zwangsläufig verschreibt und in der dem sogenannten Vaterland gedient wird.

Natürlich ist die betonte Freiwilligkeit nicht langfristig garantiert, und die Tür für eine Verschärfung steht offen. Die Pläne von Pistorius sind darum ein weiterer Schritt auf dem Weg zur Popularisierung des Militärs, denn die relevante Aufrüstung findet so nach innen statt.

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