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Pogačar vereitelt Vingegaards Konter bei der Tour de France
Der Slowene Tadej Pogačar legt in den Pyrenäen endgültig den Grundstein für seinen dritten Toursieg
Viel Bewegung gab es im Startdorf der Königsetappe dieser Tour de France in Loudenvielle. Alle 22 Teams hatten die sogenannten Rollen aufgebaut. Fast alle der noch verbliebenen 154 Profis fuhren sich auf den Trainingsgeräten warm. Das mutete zwar paradox an. Denn das Thermometer war bereits über die 30 Grad-Marke geklettert. Viele Fahrer trugen daher auch Eiswesten, um die Körpertemperatur wieder zu senken. »Die Beine muss man aber warm fahren, damit die Muskulatur aufgeht«, erklärte Arthur von Dongen, sportlicher Leiter des Teams Visma-Lease-a-Bike, dem »nd«. Das Warmfahren war deshalb so wichtig, weil das übliche Einrollen an diesem Tag einfach mal entfiel. Die Strecke führte stattdessen gleich steil bergauf, mit dem Anstieg zum Col de Peyresourde. Einzig der Belgier Wout van Aert wandelte freilich das Aufwärmprogramm etwas ab. Er entzog sich dem Rollen-Regime und drehte lieber ein paar Runden auf dem Presseparkplatz.
Wie es die Profis auch hielten: Die Beine locker fahren war erste Athletenpflicht, für Kletterer wie Sprinter. »Man muss dafür sorgen, dass man sofort in Tritt kommt, einen guten Rhythmus findet und auch eine gute Gruppe. Denn es kann durchaus sein, dass wir von Anfang an abgehängt werden und dann die Etappe innerhalb des Zeitlimits absolvieren müssen«, beschrieb Routinier John Degenkolb die Hauptaufgabe für die schwereren Fahrer wie ihn. Und tatsächlich verloren die ersten Sprinter bereits am Peyresourde den Anschluss.
Den Ton ganz vorn in der Fluchtgruppe des Tages gaben die früheren Sieger des Giro d’Italia, Richard Carapaz aus Ecuador und Jai Hindley an. Der Australier sollte für Red Bull-Bora wenigstens noch einen Etappensieg herausfahren, nachdem das deutsche Team seinen Gesamtsieg-Kandidaten Primož Roglič zuvor durch einen Sturz verloren hatte. »Jetzt gehen alle Mann auf Etappensieg über die Fluchtgruppen«, gab Leistungsdirektor Rolf Aldag als neue Devise aus. Gleich mehrere Helfer hatte Hindley daher in der Gruppe anfangs mit an seiner Seite.
- 14. Etappe, Pau–Saint-Lary-Soulan (151 km): 1. Pogačar (Slowenien) 4:01:51 h; 2. Vingegaard (Dänemark) + 39 s; 3. Evenepoel (Belgien) + 1:10 min; … 67. Politt (Hürth) + 26:55 min.
- 15. Etappe, Loudenvielle–Plateau de Beille (197 km): 1. Pogačar 5:13:55 h; 2. Vingegaard + 1:08 min; 3. Evenepoel + 2:51; … 45. Politt + 37:50 min.
- Gesamtwertung: 1. Pogačar 61:56:24 h; 2. Vingegaard + 3:09 min; 3. Evenepoel + 5:19; … 43. Politt (Hürth) + 2:49:38 min.
Hinter ihm nahm Team Visma für seinen Kapitän und Titelverteidiger Jonas Vingegaard das Heft des Handelns in die Hand. Auf den Flachstücken zwischen den Gipfeln hielt Parkplatz-Warmfahrer van Aert das Tempo hoch. »Wir müssen heute versuchen, Zeit auf Tadej Pogačar gutzumachen«, hatte sein sportlicher Leiter van Dongen als Arbeitsaufgabe ausgegeben. Denn die Etappe am Vortag hatte ganz im Zeichen des slowenischen Rivalen gestanden. Mit einem taktischen Bravourstück hatte Pogačar auf den letzten Kilometern zum Pla d’Adet erst Helfer Adam Yates vorgeschickt. Der wartete ungefähr 20 Sekunden vor dem Peloton, bis der Slowene selbst antrat. Nicht einmal Vingegaard konnte folgen, stattdessen fuhr Pogačar zu Yates auf, erholte sich in dessen Windschatten und fuhr auf den finalen Kilometern noch 39 Sekunden auf seinen dänischen Rivalen Vingegaard heraus. Es war ein wichtiger Sieg, vor allem für die Moral. Denn noch im Zentralmassiv hatte der Däne den Slowenen im Bergsprint bezwungen.
Die Zeichen waren deshalb auf einen Konter von Vingegaard gestellt. Der Titelverteidiger ließ zuerst van Aert im Flachen hohes Tempo anschlagen, danach den Niederländer Wilco Kelderman und den US-Amerikaner Matteo Jorgenson in den Anstiegen. Vor allem Jorgenson dezimierte das immer kleiner werdende Favoritenfeld hinauf zum Ziel auf dem Plateau de Beille.
Elf Kilometer vor dem Ziel attackierte schließlich der Kapitän selbst, überholte Hindley und Carapaz, übernahm damit die Spitze und hängte alle ab – bis auf Pogačar. Und als dieser am Hinterrad von Vingegaard seinen Rivalen ausreichend studiert hatte, setzte er selbst fünf Kilometer vor dem Gipfel zu seiner Sieg bringenden Attacke an. Der Däne, der darauf gehofft hatte, sein Kontrahent würde wie in den Vorjahren an einem langen Schlussanstieg erneut einbrechen, verlor stattdessen selbst mehr als eine Minute. Somit geht der Slowene auch aus der zweiten Woche als eindeutiger Sieger hervor. Das Double aus Giro und Tour de France wird damit immer wahrscheinlicher.
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