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Paris 2024: Schneller, schöner, sauberer

Paris will alles besser machen: Die Olympischen Spiele, die am Freitag eröffnet werden, sollen auch der Stadt zugutekommen. Ob’s klappt?

Beachvolleyball wird im Eiffelturm-Stadion gespielt, das nach den Spielen wieder abgebaut wird.
Beachvolleyball wird im Eiffelturm-Stadion gespielt, das nach den Spielen wieder abgebaut wird.

Voilà, es ist angerichtet für ein wahres Weltspektakel: Am heutigen Freitag werden die Spiele der XXXIII. Olympiade eröffnet – in Paris, der womöglich schönsten Stadt, die dieser Planet überhaupt zu bieten hat. Und natürlich wollen auch die französischen Organisatoren die Spiele zu den besten aller Zeiten machen: Unvergesslich, einzigartig und beispielhaft in Sachen Diversität, Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Wenn erstmals ebenso viele Frauen wie Männer bei den Wettkämpfen antreten, wenn 95 Prozent der 329 Medaillenentscheidungen in bereits bestehenden oder temporären Wettkampfstätten fallen. Die dicht besiedelte französische Metropole kann keine »weißen Elefanten« gebrauchen. Olympia soll die Stadt besser machen, so lautet das Versprechen der Olympiamacher um Organisationschef Tony Estranguet.

In Paris wurde das neuzeitliche Olympia erfunden, hier wird nun schon zum dritten Mal nach 1900 und 1924 das Weltsportfest ausgetragen – 17 Tage lang herrscht ab Freitag der olympische Ausnahmezustand in der Stadt. Am 28. August 2024 beginnen dann die Paralympischen Sommerspiele, die bis zum 8. September andauern.

Australia, Holland, Argentina: Immer mehr Menschen in Teamkleidung sind in der Metro unterwegs. Rosafarbene Wegweiser zeigen den Besuchern aus aller Welt die Route zu den Wettkampfstätten, von denen etliche mitten in der Stadt liegen. Beachvolleyball wird auf dem Marsfeld unter dem Eiffelturm gespielt, am Place de la Concorde suchen die 3x3-Basketballer, BMX-Radler und Skateboarder ihre Medaillengewinner.

Auch in den Metro-Netzplan sind die jeweiligen Sportstätten eingezeichnet – Olympia will ganz Paris bespielen. Passend dazu haben die selbstbewussten Organisatoren entschieden, die klassische Eröffnungszeremonie auf die Lebensader der Stadt zu verlegen, auf die Seine. Tausende Athleten und Teammitglieder aus 204 Nationen sollen am Abend an der Austerlitz-Brücke die Lastkähne und Barkassen besteigen und auf ihrem sechs Kilometer langen Weg zum Trocadero-Park von 300 000 Menschen bejubelt werden.

Weil Paris seine leidvollen Terror-Traumata hat, sind am Freitag 35 000 Polizisten und zusätzlich 18 000 Soldaten stadtweit im Einsatz. Bereits seit Wochen sind ganze Straßenzüge und U-Bahnhöfe komplett für den Besucherverkehr gesperrt. Es herrscht landesweit Terrorwarnstufe drei: Die wird ausgerufen, wenn ein Terroranschlag »unmittelbar bevorsteht«. An allen Ecken der Stadt patrouillieren bewaffnete Polizisten, in der Nacht lärmen Helikopter über den Dächern der Innenstadt-Bewohner. »Sicherheit ist die oberste Priorität für Paris 2024«, sagt Organisationschef Tony Estanguet.

Natürlich ist auch die Kaste der Superreichen und Wirtschaftslenker vor Ort.

Frankreich will zeigen, was es außer Sicherheit sonst noch kann: Angefangen vom Eröffnungsspektakel auf dem Wasser, dass der beliebte Theatermann Thomas Jolly anleitet, der als Drehbuch-Autorin unter anderem Schriftstellerin Leïla Slimani engagieren konnte. Die Besetzung des Show-Teils wurde bis Donnerstag traditionsgemäß unter Verschluss gehalten. Am Donnerstag verriet ein bekannter französischer Journalist auf X, dass die schwerkranke Sängerin Céline Dion bei der Zeremonie auftreten wird, sie soll demnach im Duett mit Lady Gaga den Edith-Piaf-Klassiker »La Vie en Rose« anstimmen. Zuvor hatte sich bereits Staatspräsident Emmanuel Macron zum Thema äußern müssen und bestätigt, dass Weltstar Dion in der Stadt weile.

Allerlei Staatenlenker haben einen Besuch angekündigt, auch Bundeskanzler Olaf Scholz kommt zum Spektakel unterm Eiffelturm. Und natürlich ist auch die Kaste der Superreichen und Wirtschaftslenker vor Ort. Am Donnerstag empfing Präsident Macron mehr als 40 CEOs globaler Unternehmen zum Mittagessen im Elysee-Palast, darunter Tesla-Boss Elon Musk, James Quincey (Coca Cola) und Shou Zi Chew (Tiktok). Das Schaulaufen der Athleten lockt alle Welt nach Paris, dass sich unter anderem den Klimaschutz auf die Fahnen geschrieben hat: Verglichen mit London 2012 und Rio 2016 werden 2024 in Paris nur halb so viel CO2 und andere Klimagase ausgestoßen, maximal 1,75 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Alle Wettkampforte sind mit Öffentlichen oder auch dem Rad erreichbar, das Organisationskomitee benutzt überwiegend Elektro- und Hybridfahrzeuge. Paris will in Sachen Klimaschutz glänzen.

Aber die unschönen Realitäten des Sports haben auch schon Einzug in Paris gehalten: So wurde kurz vor Beginn der Spiele ein Video geleakt, dass die britische Dressur-Olympiasiegerin Charlotte Dujardin zeigt, wie sie ihr Pferd mit Peitschenschlägen misshandelt. Dujardin wurde umgehend gesperrt. Bereits seit Mittwoch wird schon Fußball und Rugby gespielt. Im Fußball gab es den ersten Eklat, beim Spiel Argentinien-Marokko (1:2). Argentinien hatte in der 16. Minute der Nachspielzeit den vermeintlichen 2:2 Ausgleich erzielt, woraufhin 20 empörte marokkanische Fans das Feld stürmten und die Spieler flüchteten. Erst zwei Stunden später kehrten die Teams auf den Rasen des inzwischen geleerten Stadions zurück, der Schiri nahm das 2:2 nach Ansicht der Videobilder zurück und ließ die verbleibenden drei Minuten spielen. Argentinien hat Protest eingelegt.

Am heutigen Freitag ruht in Paris noch einmal alles Sporttreiben anlässlich der Eröffnungsfeier, ehe am Samstag die ersten Medaillen im Luftgewehr-Mixed-Wettbewerb vergeben werden. Hier rechnen sich die Deutschen bereits erste Chancen auf eine Medaille aus, im Medaillenspiegel will der Deutsche Olympische Sportbund unter den Top Ten landen. Der Verband, der 2040 eine Olympiaausrichtung anpeilt, klotzt in Paris: Das Deutsche Haus ist diesmal im Rugbystadion Jean-Bouin eingerichtet. Gegen Eintritt dürfen deutsche Fans auf dem Rasen des 20 000 Menschen fassenden Stadions ihren Stars auf der Leinwand zujubeln. Public Viewing hält Einzug im olympischen Sport.

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