Werbung

Pistorius verteidigt geplante US-Raketen-Stationierung

Wegen fehlender Nuklearsprengköpfe angeblich Unterschied zu Nato-Doppelbeschluss

  • Lesedauer: 3 Min.
Im US-Bundesstaat Hawaii besucht der SPD-Politiker Pistorius unter anderem die von den USA geführte Militärübung »Rim of the Pacific«. Daran nahmen einst auch Russland und China teil.
Im US-Bundesstaat Hawaii besucht der SPD-Politiker Pistorius unter anderem die von den USA geführte Militärübung »Rim of the Pacific«. Daran nahmen einst auch Russland und China teil.

Honolulu. Verteidigungsminister Boris Pistorius hat Kritik am Vorgehen der Bundesregierung bei der Übereinkunft mit den USA über eine Stationierung weitreichender Waffen zurückgewiesen. Es spreche nichts dagegen, über dieses Thema im Bundestag offen zu sprechen, sagte Pistorius am Dienstag (Ortszeit) am Rande eines Besuchs im US-Bundesstaat Hawaii. »Aber es ist originär kein Thema, was zuvor im Parlament diskutiert werden müsste. Es ist auch nicht vergleichbar mit dem Nato-Doppelbeschluss aus den 80er Jahren. Von daher sollten wir hier die Dinge sorgfältig auseinanderhalten.«

Am Rande des jüngsten Nato-Gipfels in Washington hatten die beiden Regierungen die Stationierung von Tomahawk-Marschflugkörpern, SM-6-Raketen und neuen Hyperschallwaffen ab 2026 in Deutschland angekündigt und als Reaktion auf Bedrohungen durch Russland gerechtfertigt. Die gemeinsame Entscheidung kam für viele Bundestagsabgeordnete überraschend.

Formell wurde der Bundestag mit dem Thema der Stationierung nach Angaben der Bundesregierung bereits befasst. Gut eine Woche nach dem Nato-Gipfel ging demnach am 19. Juli ein entsprechendes Schreiben von Verteidigungsministerium und Auswärtigem Amt an Vertreter aller Fraktionen in den Ausschüssen für Auswärtige Angelegenheiten und Verteidigung, hatte das Bundespresseamt mitgeteilt.

nd.DieWoche – unser wöchentlicher Newsletter

Mit unserem wöchentlichen Newsletter nd.DieWoche schauen Sie auf die wichtigsten Themen der Woche und lesen die Highlights unserer Samstagsausgabe bereits am Freitag. Hier das kostenlose Abo holen.

Kritik und die Forderung nach einer parlamentarischen Befassung gab es trotzdem aus mehreren Parteien, auch aus Pistorius’ SPD. Der sozialdemokratische Fraktionschef Rolf Mützenich hatte vor dem Risiko einer militärischen Eskalation gewarnt. Der frühere SPD-Parteichef Norbert Walter-Borjans bemängelte eine fehlende Debatte über die Entscheidung der Bundesregierung.

Am Dienstag legte der SPD-Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner nach und erklärte, die Entscheidung sei »nicht so simpel, dass man einfach sagen kann, da wird jetzt einfach mal so was ganz schnell beschlossen«. Stegner warnte vor einem Rüstungswettlauf mit der Regierung in Moskau. »Wir müssen sehen, dass wir mit Russland in Verhandlungen eintreten«, sagte Stegner im WDR 5-»Morgenecho«.

Verteidigungsminister Pistorius betonte auf Hawaii, es gehe bei der Stationierung um konventionelle Waffen, die nicht als Waffen mit nuklearen Sprengköpfen vorgesehen seien. »Das muss man zur Beruhigung all derer, die sich hier Sorgen machen, sehr deutlich unterstreichen«, sagte Pistorius. Russland verfüge über Waffen dieser und anderer Reichweiten schon seit geraumer Zeit und habe dazu den Rüstungskontrollvertrag INF verletzt und aufgekündigt, der nukleare Mittelstreckensysteme regelt.

Bei der Stationierung weitreichender Waffen mit konventionellen Sprengköpfen gehe es nun um »echte Abschreckung«, sagte Pistorius. »Es geht jetzt darum, diese Lücke auf unserer Seite zu schließen, nicht um irgendjemandem zu bedrohen, sondern um deutlich zu machen, ein möglicher, ein eventueller Angriff auf Nato-Gebiet, auf Nato-Verbündete hätte für Russland einen so hohen Preis, dass das Risiko nicht mehr kalkulierbar wäre.«

In Deutschland hatte 1979 der Nato-Doppelbeschluss zur »Nachrüstung« mit Atomraketen erbitterte Auseinandersetzungen ausgelöst. Er wurde am 12. Dezember 1979 von den Außen- und Verteidigungsministern der Nato gefasst – als Reaktion auf die Aufstellung sowjetischer Raketen des Typs SS-20, die Ziele in Westeuropa erreichen konnten. Zugleich wurden Moskau Gespräche über Rüstungskontrolle angeboten.

Auf Hawaii besuchte Pistorius unter anderem die Gedenkstätte des US-Marinestützpunktes Pearl Harbor und betonte dabei eine größere Verantwortung Deutschlands für den Schutz internationaler Regeln in der geopolitisch wichtigen Indopazifik-Region. Stabilität und Sicherheit in diesem Teil der Welt und in Europa seien eng verbunden, sagte der SPD-Politiker.

Pistorius traf auch deutsche Soldaten, die an dem von den USA geführten Marine-Manöver »Rimpac« beteiligt sind. In früheren Jahren waren auch China und Russland Teilnehmer der Übung, die erstmals 1971 organisiert wurde. dpa/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -