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CumEx: Als ob reiche Leute Geld stehlen dürften
Im CumEx-Skandal haben Banker über 30 Milliarden Euro erbeutet. Sie werden wahrscheinlich weitgehend ungeschoren davonkommen
Vergangenen Monat, während die Ampel-Regierung fleißig daran arbeitete, einige Milliarden Euro aus dem Haushalt zu streichen, gab ein Gericht in Bonn bekannt, dass es die Anklage gegen Christian Olearius fallen lässt. Der 82-jährige Banker und ehemalige Chef der Warburg-Bank in Hamburg wird beschuldigt, mithilfe eines Steuerbetrugs rund 280 Millionen Euro ergaunert zu haben. Wegen gesundheitlicher Probleme wird er nun nicht vor Gericht stehen.
Olearius ist eine der bekanntesten Figuren im CumEx-Skandal. Jahrelang entwickelten Aktienhändler*innen einen komplexen Betrug, bei dem sie einmal Kapitalertragssteuer zahlten und diese dann mehrmals zurückerstattet bekamen. Auf diese Weise haben sie schätzungsweise 31 Milliarden Euro aus den öffentlichen Kassen gestohlen. Bislang wurden 20 Personen verurteilt, während 1.700 Personen des Betrugs in diesem Fall beschuldigt werden. Da die Verjährungsfrist jedoch nach 15 Jahren abläuft, werden viele von ihnen wahrscheinlich ihre Zeit abwarten können.
»Red Flag« ist eine Kolumne über Berliner Politik von Nathaniel Flakin. Sie erschien von 2020 bis 2023 im Magazin »Exberliner« und fand ein neues Zuhause bei der Zeitung »nd« – als deren erster Inhalt, der auch auf Englisch zu finden ist. Nathaniel ist auch Autor des antikapitalistischen Reiseführers Revolutionary Berlin.
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Olearius' Fall war besonders, weil Bundeskanzler Olaf Scholz wahrscheinlich als Zeuge geladen worden wäre. In den Jahren 2016-17, als er Bürgermeister von Hamburg war, traf sich Scholz mehrmals mit dem Banker. Im gleichen Zeitraum beschloss die Hamburger Steuerbehörde, der Warburg Bank 47 Millionen Euro zu erlassen. In alter Ronald-Reagan-Manier behauptete Scholz, sich nicht an die Treffen erinnern zu können und sein Pressesprecher machte unwahre Angaben. Es scheint, als ob Olearius durch jahrelange Verzögerungen am Ende mit seinen Taten davonkommt – und auch Scholz ist aus dem Schneider.
Es ist nur das jüngste Beispiel für eine absurde Korruptionskultur in Deutschland. Irgendwie gilt das Land als »Saubermann«, obwohl Politiker*innen nur selten mit Konsequenzen rechnen müssen, wenn sie Bestechungsgelder annehmen. Deutschland müsse laut der NGO Transparency International Deutschland strafrechtlich besser gegen Fälle von Abgeordnetenbestechung vorgehen.
Während ich dies schreibe, richtet das Sparprogramm der Regierung verheerende Schäden in einem Land an, das bereits seit langem unter mangelnder Investitionstätigkeit leidet. Sie können sich selbst davon überzeugen, wenn Sie versuchen, einen Zug zu nehmen oder eine Toilette in einer öffentlichen Schule zu benutzen. Angesichts der leeren Staatskasse ist es umso skandalöser, dass reiche Leute kaum dafür belangt werden, wenn sie sich mittels Steuerbetrug noch reicher mogeln. Als ob es ihnen erlaubt wäre, Geld zu stehlen.
Im Mai gab Anne Brorhilker bekannt, dass sie als leitende Staatsanwältin im CumEx-Skandal zurücktritt. Sie musste sich der Tatsache stellen, dass es einfach keinen politischen Willen gibt, diese Fälle zu verfolgen.
Gleichzeitig zahlen Millionär*innen in Deutschland etwa 24-26 Prozent ihres Einkommens an Steuern, während Durchschnittsbürger*innen 43 Prozent aufbringen müssen. Würden Milliardär*innen die gleichen Steuern zahlen wie Sie oder ich, könnte sich Deutschland wahrscheinlich genügend Personal in Krankenhäusern und Kindertagesstätten leisten – und es bliebe mehr als genug übrig, um allen Menschen bezahlbaren Wohnraum und kostenlose öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung zu stellen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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