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Den Austern wird es zu laut
Die von Menschen verursachte Geräuschkulisse im Meer verhindert die Ansiedlung der Schalentiere
Schifffahrt, seismische Untersuchungen, militärische Aktivitäten, Windkraftanlagen oder Tiefseebergbau – im Ozean wird es immer lauter. Dieser vom Menschen verursachte Lärm im Wasser steigt seit Jahren an. In einigen Regionen hat er sich laut des Umweltbundesamtes in den letzten 50 Jahren sogar verdoppelt bis verdreifacht.
Was für den Menschen kaum wahrnehmbar ist, stört Lebewesen wie Wale, Robben, Vögel, viele Fische und sogar einige Wirbellose, wie die Tintenfische, erheblich. Denn sie verwenden Schall für eine Vielzahl von lebenswichtigen Aktivitäten wie Kommunikation, Partner- und Nahrungssuche, Feindvermeidung oder Navigation. »Eine durch den Menschen veränderte Geräuschkulisse kann sich negativ auf die biologische Fitness einzelner Tiere und gesamter Populationen auswirken«, heißt es vonseiten der deutschen Umweltbehörde.
Klang des Ozeans überdeckt
Eine Untersuchung der Universität Adelaide zeigt nun, dass Lärm durch menschliche Aktivitäten auch erhebliche Auswirkungen auf Schalentiere wie die Austern hat. Die vom Menschen erzeugte Geräuschkulisse stört die Tiere bei einem kritischen Prozess, nämlich bei der Niederlassung in bestimmten Regionen. Der natürliche Klang des Ozeans werde durch das Anschwellen der vom Menschen verursachten Lärmbelästigung übertönt, erklärte Brittany Williams, die Hauptautorin der Studie, die im Fachmagazin »Proceedings of the Royal Society B« veröffentlicht wurde.
»Zahlreiche Meereslarven sind auf natürliche Geräusche angewiesen, um zu navigieren und ihre Behausungen auszuwählen«, erklärte die Forscherin. Dieser Prozess wird durch den vom Menschen erzeugten Lärm gestört. Zusätzlich dazu stelle die Störung ein Problem für Naturschützer dar, die Austern mithilfe natürlicher Geräusche in restaurierte Riffe locken wollen, um marine Ökosysteme wieder zu kultivieren, hieß es. Laut der Forschenden ist diese akustische Anreicherung an lauten Küstenstreifen in der Nähe von Großstädten und urbanisierten Wasserstraßen weniger effektiv.
Meeresökosystem leidet
Darauf deutet beispielsweise, dass es den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern bei ihrer Untersuchung nicht gelang, die Larvenrekrutierung in Umgebungen mit starker menschlicher Lärmbelästigung zu steigern. Dies lässt die Annahme zu, dass die Lärmbelästigung die eigentlichen Geräusche des Ozeans überdeckt. Dieser Umstand habe möglicherweise tiefgreifende Auswirkungen auf die Vitalität und Widerstandsfähigkeit des Meeresökosystems, warnte der Ko-Autor der Studie, Sean Connell.
Denn Austern spielen als »Wasserfilter« eine essenzielle Rolle für die Gesundheit von Flüssen und Küstengewässern. Die Schalentiere filtern das Wasser – die Sydney Rock Oyster schafft beispielsweise vier Liter pro Stunde, die japanische Pazifische Auster sogar 24 Liter. Multipliziert man das mit den Millionen von Austern, die in manchen Flusssystemen leben, so werden die Tiere zu den »Nieren« eines Flusses, wie die Austernzüchterin Sheridan Beaumont sagte, die am Hawkesbury River, 45 Minuten Fahrt nördlich von Sydney, eine Austernzucht betreibt.
Alternative zu Kläranlagen
Während sie das Wasser filtern, nehmen die Schalentiere nicht nur eigene Nährstoffe auf, sie saugen gleichzeitig auch Partikel an. Diese werden im Anschluss zum Meeresboden befördert. Auf diese Weise wird die Wasserqualität wie auch die Klarheit des Wassers verbessert. Klareres Wasser lässt mehr Sonnenlicht hindurch. Gleichzeitig entsteht in Regionen, in denen Austern leben, durch die Ablagerung von Austernkot ein nährstoffreicher Meeresboden. Diese Kombination ermögliche das Gedeihen von Seegras, wie eine Gruppe australischer Forschender im akademischen Magazin »The Conversation« einst erklärte. Und das wiederum fördere Muschelarten, Würmer und Krabben und bilde letztendlich »die Grundlage für das gesamte Nahrungsnetz an der Küste«.
Austern sind dabei so effizient, dass schwedische Forscher sie in einer Studie aus dem Jahr 2011 einst als kostengünstige Alternative zu Kläranlagen bewertet haben. Wie wichtig Austern sind, zeigte sich einst in der Chesapeake Bay, der größten Flussmündung an der Ostküste Nordamerikas, wo der Verlust der Austernriffe ein Ökosystem mit zuvor klarem, fischreichen Wasser in eine trübe, algenübersäte Brühe verwandelte. Außerdem bieten Austern jungen Fischen und kleinen wirbellosen Meerestieren einen sicheren Zufluchtsort. Selbst im Kampf gegen die Klimaerwärmung können die kleinen Meerestiere helfen – denn sie absorbieren Kohlenstoff.
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