Grundsteuer in Brandenburg: Kommunen unter Druck

Das Land Brandenburg trödelt mit Angaben für die Grundsteuerberechnung – Linke und Freie Wähler schlagen Alarm

  • Matthias Krauß
  • Lesedauer: 4 Min.
Kein Spiel, sondern Realität: Schlechte Nachrichten für Grundstücksbesitzer in Brandenburg
Kein Spiel, sondern Realität: Schlechte Nachrichten für Grundstücksbesitzer in Brandenburg

Bis zum 24. Juni hätte das Land Brandenburg wesentliche Eckdaten für die neue Grundsteuerberechnung an seine Bürgerinnen und Bürger übermitteln sollen. Doch die Landesregierung, so kritisiert die Vereinigung BVB/Freie Wähler, sei von ihren eigenen Vorgaben abgewichen.

Diese Frist sei ohne Ergebnis verstrichen, teilt der Abgeordnete und Spitzenkandidat Péter Vida am Freitag mit. Nun sei das auf den November verschoben, also auf die Zeit nach der Wahl. Kommunen und Grundstücksbesitzer, warnt Vida deshalb, würden unter massiven Druck geraten. »Die Grundsteuer ist ein essenzieller Bestandteil der kommunalen Finanzen. Mit einem jährlichen Aufkommen von rund 282 Millionen Euro ist sie für viele Gemeinden unverzichtbar.« Und weiter: »Die verspätete Bereitstellung der Daten bringt die Kommunen in eine schwierige Lage, da im November üblicherweise schon die Haushalte für das kommende Jahr beschlossen werden.« Für 2025 drohe ein sprunghafter Anstieg der Grundsteuer für Grundstückseigentümer.

Auch der Linken scheint es nicht hinnehmbar, dass den Kommunen erst im November die neuen Grundsteuermessbescheide übermitteln werden sollen. Der finanzpolitische Sprecher der linken Landtagsfraktion Ronny Kretschmer hält es für »deutlich zu spät«. Für die Kommunen sei es so sehr schwierig, ihre kommunalen Haushalte bis Jahresbeginn 2025 fristgerecht aufzustellen. »Die Kommunen brauchen die Grundsteuermessbescheide und dementsprechend Planungssicherheit, wie es mit der Grundsteuer im kommenden Jahr weitergeht«, teilt Kretschmer mit. »Ich fordere die Finanzministerin auf, bei der Umsetzung der Grundsteuerreform endlich den Turbo zu zünden!«

»Es verunsichert die Menschen, dass bisher nichts feststeht.«

Ronny Kretschmer (Linke) Landtags-Abgeordneter

Laut Kretschmer befinden sich andere Bundesländer, wie Berlin, Nordrhein-Westfalen oder Schleswig-Holstein, bei der Umsetzung bereits auf der Zielgeraden, während die von SPD, CDU und Grünen getragenen Regierung Brandenburgs mit dem 24. Juni eine weitere Frist ungenutzt verstreichen ließ. »Es verunsichert die Menschen, dass bisher nichts feststeht.« Kretschmer: »Nachdem die Finanzministerin mit ihrem zweiten Nachtragshaushalt 2024 die allgemeine Rücklage verfrühstück hat und somit den Landeshaushalt 2025 vor eine ungewisse Zukunft stellte, muss dieses Schicksal den Kommunen unbedingt erspart bleiben!«

Auch in anderer Hinsicht geraten die Kommunen unter Druck: Der Linken zufolge droht der Hälfte von ihnen die Zwangsverwaltung, weil sie nicht mehr in der Lage sind, rechtzeitig einen bestätigten Vorjahresabschluss einzureichen. Laut geltendem Recht sind Kommunen verpflichtet, Vorjahresabschlüsse vorzulegen, wenn sie weiter in der normalen Haushaltsführung bleiben wollen. Fehlt er, so sieht das Gesetz die »vorläufige Haushaltsführung« vor, die laut der Linke-Abgeordneten Andrea Johlige einen erheblichen Einschnitt in die kommunale Selbständigkeit bedeuten würde. Darauf verwies die Abgeordnete zuletzt, nachdem der Städte- und Gemeindebunde Brandenburg in einem Brief Alarm geschlagen hatte. Rund die Hälfte der Kommunen seien demnach nicht in der Lage, einen Vorjahresabschluss in der geforderten Frist vorzulegen.

Johlige warnt vor einem Stillstand bei Schulen, Kitas, beim Brand- und Katastrophenschutz und dem ÖPNV. Investitionen in soziale Einrichtungen wären allenfalls eingeschränkt möglich. Die Kommunen dürften keine Fördermittel mehr in Anspruch nehmen, keine Einstellungen vornehmen, keine städtischen Feste mehr ausrichten.

Als Gründe für den Verzug bei Einreichung der Jahresbilanzen nennt Johlige den Personalmangel und diverse Zusatzaufgaben für die Finanzverwaltungen. Die Rückstände seien »keine Willensfrage«, die Einführung der Grundsteuerreform belaste die Behörden schlichtweg zu stark. Johlige hält zumindest eine Ausnahmeregelung angezeigt für solche Kommunen, die sich in der Vergangenheit immer wieder als zuverlässig gezeigt hätten, nun aber durch aktuelle Bedingungen davon abgehalten würden.

SPD-Fraktionschef Daniel Keller hält dagegen: Er habe zuverlässige Informationen aus dem Kommunalministerium, dass immer mehr Kommunen ihren Jahresabschluss rechtzeitig vorlegen könnten. »Da ist Tempo reingekommen.« Auch den Vorwurf, das Land lasse die Kommunen im Stich, weist er zurück. Corona-Hilfen und andere Zuwendungen hätten den Kommunen üppige Gelder beschert. Sie hätten in dieser Zeit sogar Schulden abbauen können. Die Überweisungen seien unbürokratisch erfolgt. Den Worten des parlamentarischen Geschäftsführers der SPD, Ludwig Scheetz, zufolge stattet Brandenburg im Ostdeutschland-Vergleich seine Kommunen am besten aus, im Deutschland-Vergleich halte das Bundesland immerhin Platz vier.

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