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Regierungssuche in Frankreich: Drohende Turbulenzen
Frankreichs Präsident Macron lädt die Führer der Parteien pro forma zu Konsultationen ins Elysée ein
Lediglich die laufenden Geschäfte weiterzuführen, mochte für die Sommermonate reichen. Doch jetzt droht in Frankreich akut die Gefahr, dass der Haushaltsentwurf für 2025 nicht fristgerecht fertig wird. Nach dem Gesetz muss er am 1. Oktober vorliegen. Darum hat der amtierende Premierminister Gabriel Attal Mitte dieser Woche seinen Noch-Ministern einen Brief mit den Vorgaben für die Gelder geschickt, die ihren Ministerien im nächsten Jahr zur Verfügung stehen werden. Dabei übernahm er im Wesentlichen die Zahlen des Vorjahres, allerdings ohne die Inflation zu berücksichtigen.
Ob es eine Parlamentsdebatte darüber geben wird, ist fraglich, zumal der Haushalt auch ohne Diskussion und Abstimmung gemäß dem Ausnahmeparagrafen 49.3 der Verfassung in Kraft gesetzt werden kann. Die linke Opposition verurteilt dieses in der Geschichte der Fünften Republik beispiellose Vorgehen als undemokratisch und verlangt von Präsident Emmanuel Macron, endlich einen neuen Premier zu ernennen und mit der Regierungsbildung zu beauftragen.
Die Neue Volksfront, die die linken Kräfte vereint, fordert unter Berufung auf ihren knappen Sieg bei den Parlamentswahlen, ihre Kandidatin Lucie Castets, die Finanzdirektorin der Pariser Stadtverwaltung, zu ernennen. Diese hat bereits ein komplettes Regierungsprogramm vorgelegt und auch einen Haushaltsentwurf für 2025.
Weil Macron die Ernennung von Castets verweigert, hat La France Insoumise (LFI) angekündigt, nach der Sommerpause des Parlaments einen Antrag auf Ablösung von Präsident Macron zu stellen. Bei dieser aussichtslosen Initiative wird LFI von keiner der anderen linken Parteien unterstützt.
Den Kandidaten der bei den Wahlen siegreichen Partei mit der Regierungsbildung zu beauftragen, ist zwar Tradition, aber nicht gesetzlich vorgeschrieben. So konnte Macron die Forderung, die Kandidatin der Linken zu ernennen, schon vor Wochen in einem Fernsehinterview vom Tisch zu wischen. Gleichzeitig betonte er, dass er nur einen Politiker mit der Regierungsbildung beauftragen wird, der realistische Aussichten hat, eine regierungsfähige Koalition zu schmieden. Diese könnte, wie Gabriel Attal in seiner künftigen Eigenschaft als Fraktionsvorsitzender der Macron-Partei Renaissance andeutete, von den Kommunisten, den Grünen und den Sozialisten über die Macron-Partei und das Zentrum bis zu den Republikanern reichen. Hingegen sollen links LFI und rechts der Rassemblement National (RN) ausgeschlossen bleiben.
Für den Freitag hat Präsident Macron die Vorsitzenden aller im Parlament vertretenen Parteien und deren Fraktionsvorsitzende zu Konsultationen über das Thema Regierungsbildung ins Elysée eingeladen. Den Anfang macht dabei die Neue Volksfront. Das ist bisher die einzige Geste der Anerkennung ihres Wahlsieges. Ob die »Konsultationen« wesentlichen Einfluss auf Macrons Entscheidung haben werden, muss bezweifelt werden. Erfahrungsgemäß hat der Präsident seine Wahl insgeheim längst gefällt.
Als aussichtsreichste Anwärter auf den Posten des Premiers gelten der »linke Rechte« Xavier Bertrand und der »rechte Linke« Bernard Cazeneuve. Bertrand ist Ratspräsident der nordfranzösischen Region Haut-de-France und demonstriert dort, wie er sich eine den Menschen und ihren Problemen nahe Politik »sozialer Marktwirtschaft« vorstellt. Cazeneuve war unter dem sozialistischen Präsidenten François Hollande erst ein Jahr Budgetminister, dann fast drei Jahre lang Innenminister und schließlich noch knapp ein halbes Jahr Premierminister. Er repräsentierte den rechten Flügel der Parti Socialiste (PS).
In Macrons Ära war Cazeneuve ein entschiedener Gegner des Zusammengehens der Sozialisten mit den anderen linken Kräften erst in der Nupes und dann in der Neuen Volksfront. Aus Protest gegen die Zusammenarbeit der PS mit der von ihm als linksextrem angesehenen LFI hat er seine eigene Partei La Convention gegründet.
Ob die beiden Politiker die von Macron gewünschte Große Koalition zusammenbringen können, ist die große Frage. Viele Beobachter erwarten ein politisches Chaos und nach der gesetzlichen Frist eines Jahres eine erneute Auflösung des Parlaments und Neuwahlen.
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