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Argentinien: Zähes Ringen um Ressourcenschutz
Der argentinische Umweltschützer Andrés Nápoli über den Nutzen internationaler Abkommen
Mitte August setzte Argentiniens Präsident Javier Milei das Rigi-System zur Förderung von Großinvestitionen in Kraft. Bergbau und die Ausbeutung von Schieferöl- und Gasvorkommen profitieren nun von Steuer-, Zoll- und Wechselkursvorteilen. Hätten diese Bereiche nicht auch ohne Anreize ausländische Investitionen angezogen?
Seit vielen Jahren gibt es einen breiten Konsens in der politischen Klasse, dass Argentinien nur durch den Export von Rohstoffen gerettet werden kann. Dadurch sollen die notwendigen Dollars für das Wirtschaftswachstum generiert werden, was wiederum die Integration in den Weltmarkt stärken soll. Das Rigi-System treibt dies auf die Spitze.
Andrés Nápoli ist Exekutivdirektor der 1985 gegründeten nicht staatlichen Umweltorganisation Farn (Fundación Ambiente y Recursos Naturales) in Argentinien. Mit ihm sprach Jürgen Vogt.
Auch in Sachen Umwelt- und Klimaschädigung?
Ja, mit Rigi müssen keine Umweltverträglichkeitsstudien mehr erstellt werden, und die Bundesjustiz kann alle neuen Schutzbestimmungen der Provinzen für nichtig erklären. Viel schlimmer ist die 30-jährige Garantie des Zugangs zu den erforderlichen Ressourcen, im Falle des Bergbaus vor allem Wasser. Wie soll eine Provinz, in der das Wasser schon natürlich knapp ist, wie in Catamarca oder Jujuy, den immensen Wasserbedarf der Bergbauunternehmen für die nächsten 30 Jahre garantieren?
Zu Beginn seiner Amtszeit hat Präsident Milei das Umweltministerium aufgelöst und die Mittel für die Umweltpolitik um rund 65 Prozent gekürzt. Was ist von der Umwelt- und Klimaschutzpolitik noch übrig geblieben?
Ziel der Regierung ist es, alle Staatsausgaben zu kürzen. Die Umweltpolitik wird nur als Kostenfaktor betrachtet. Im Staatshaushalt sind dafür keine Mittel vorgesehen. Es gibt einfach keine Umwelt- und Klimaschutzpolitik mehr. Aber es gibt internationale Verpflichtungen. Argentinien hat 1992 das Rio-Abkommen und 2015 das Pariser Klimaabkommen unterzeichnet. Und es gibt ein nationales Klimagesetz, das die Bildung eines Klimakabinetts vorsieht, dem die verschiedenen Ressorts ihre Emissionsreduktionsziele vorlegen müssen. Was daraus wird, ist derzeit allerdings völlig unklar.
Wie können Umwelt und Klima in einem Land geschützt werden, in dem die Mehrheit der Bevölkerung in Armut lebt?
Seit über 20 Jahren haben alle Regierungen das Modell der Exportorientierung gefördert. Aber dieses Modell hat in Argentinien keine Wertschöpfungskette geschaffen. Im Gegenteil, es hat die Armut wachsen lassen. Aber heute ist es nicht möglich zu exportieren, ohne bestimmte Umweltstandards einzuhalten. Man kann keinen wichtigen Markt erschließen, wenn man sich nicht an die internationalen Vereinbarungen hält. Zumal die beteiligten Parteien juristisch haftbar gemacht werden können.
Gibt es Widerstand gegen diese Demontage – und durch wen?
Es gibt eine starke Zivilgesellschaft. Versammlungen und Komitees auf regionaler Ebene und starke nationale Nichtregierungsorganisationen haben einen gewissen Einfluss und schon wichtige Gerichtsurteile erstritten, etwa in Zusammenhang mit dem Lithiumabbau.
Argentinien hat strenge Schutzgesetze etwa für Wälder und Gletscher beschlossen. Werden sie eingehalten?
Diese Gesetze wurden von der Zivilgesellschaft erkämpft. Ohne sie gäbe es überhaupt keinen Schutz. Erst durch diese Gesetze wurde der Schutz zu einer staatlichen Politik, deren Umsetzung nun eingefordert werden kann. Das Problem in Argentinien ist, dass zwar der Nationalstaat solche Gesetze erlassen kann, aber die Provinzen für deren Umsetzung verantwortlich sind.
Zudem gibt es Berichte über zweifelhaft genehmigte oder illegale Abholzungen. 2025 tritt die EU-Richtlinie zu entwaldungsfreien Lieferketten in Kraft. Kann sie solche Abholzungen mit verhindern?
Ja, das ist ein gutes Instrument. Milei wollte nahezu alle Schutzbestimmungen aus dem Waldschutzgesetz außer Kraft setzen. Was ihn letztlich zum Einlenken brachte, war eben diese EU-Verordnung. Und zwar, weil sonst der Zugang zu einem wichtigen Absatzmarkt versperrt gewesen wäre.
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