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Es riecht nach Mauerfall
Es muss ja nicht gleich Maduro sein: Andreas Koristka wünscht sich vom Kanzler mehr Kreativität
Volksnähe ist nicht die allergrößte Stärke von Olaf Scholz. Er kann eigentlich nur schlumpfig vor sich hin grinsen, und das wird nicht reichen, um die Herzen der Wählerschaft erneut zu gewinnen. Wie viele Defizite Scholz im Umgang mit Menschen hat, wird besonders deutlich, wenn man ihn mit charismatischen Persönlichkeiten wie Venezuelas Präsident Nicolás Maduro vergleicht. Maduro, bekannt für seine feine Nase, ließ die Weihnachtszeit in Venezuela drei Monate vorverlegen, weil es im Land seiner Meinung nach schon nach Weihnachten riecht. Die Venezolaner, so darf man annehmen, waren begeistert und fingen sofort an, Plätzchen zu backen und den Weihnachtsschmuck aus dem Keller zu holen.
Olaf Scholz fehlt Maduros Hemdsärmeligkeit – und der Instinkt für vergleichbare Aktionen. Natürlich ist die Lage in Deutschland nicht ganz so kritisch wie in Venezuela. Aber auch wenn man nicht gleich Weihnachten vorziehen möchte, hätte es Scholz wenigstens mit Nikolaus versuchen können. Zumal die Weihnachtsartikel schon im Supermarkt stehen.
Und selbst wenn die Leute nicht begeistert gewesen wären, Scholz hätte mit so einer Aktion einen ganz anderen Reizpunkt gesetzt. Man hätte wieder über etwas anderes sprechen können als über die elendig langen und hartnäckig geführten Aufregerdebatten der letzten Jahre. Wenigstens für ein paar Tage wären Einwanderung, Gendern und der Streit darüber, ob man sich mit Scheren oder Nagelknipsern die Fingernägel kürzen sollte, nicht die wichtigsten Themen gewesen. Stattdessen wären die Leute mit ihren gut geputzten Schuhen durch die Straßen gelaufen und hätten hier und da ein wenig Blätterkrokant genascht.
Andreas Koristka ist Redakteur der Satirezeitschrift »Eulenspiegel«. Für »nd.DieWoche« schreibt er alle zwei Wochen die Kolumne »Betreutes Lesen«. Alle Texte unter dasnd.de/koristka.
Das wäre Politik fürs Volk gewesen! Und wenn es mit dem Nikolaustag geklappt hätte, hätten weitere Maßnahmen folgen können. Denn in einer Zeit, in der die Ossis merkwürdige Spezialscheiße zusammenwählen, die einerseits keine vernünftige Koalition möglich macht und andererseits nicht zur Errichtung eines faschistischen Systems auf Länderebene taugt, wäre nur eines logisch gewesen: das Vorziehen des 100-jährigen Jubiläums des Mauerfalls auf den kommenden 9. November.
Aus Anlass dieses Freudenfestes hätte Olaf Scholz noch mal alles raushauen können, was die Klaviatur des Festefeierns in der Bundesrepublik hergibt. Die Feier hätte natürlich in Leipzig stattfinden müssen. Durch das Programm hätte ein Gunther-Emmerlich-Hologramm geführt. Alle Überlebenden der DDR wären dagewesen: Lippi, Biermann und Pittiplatsch hätten von ihren Erfahrungen der Wendezeit erzählt. Wie sie plötzlich Zigaretten vom Vietnamesen kaufen konnten und später, schwer enttäuscht und desillusioniert, Helmut Kohl mit Eiern bewarfen ...
Die Innenstädte hätte abends Feuerwerk erhellt. Es hätte Volksfeste gegeben, Volkschöre wären aufgetreten, Line-Dance-Gruppen hätten getanzt. Das würde auch Klarheit schaffen: Ossis, die danach nicht die SPD wählen, sind auch mit keiner anderen Maßnahme mehr für Olaf Scholz’ Partei erreichbar.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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