Honduras: Staatsoberhaupt im Zwielicht

Steht Honduras’ Präsidentin Xiomara Castro im Dienste ihres Familienclans?

  • Knut Henkel
  • Lesedauer: 4 Min.
Puppen von Honduras' Präsidentin Xiomara Castro und ihres Ehemanns, des ehemaligen Präsidenten Manuel Zelaya, in einem Restaurant
Puppen von Honduras' Präsidentin Xiomara Castro und ihres Ehemanns, des ehemaligen Präsidenten Manuel Zelaya, in einem Restaurant

Carlos Zelaya ist ein Mann, der Honduras Präsidentin Xiomara Castro fehlen wird. Am 3. September ist der Bruder von Ex-Präsident Manuel Zelaya zurückgetreten. Der Grund dafür ist ein Video, das am selben Tag vom investigativen Online-Medium »Insight Crime« ins Netz gestellt wurde – als Beleg für den Einfluss der Drogenkartelle in der Politik. Carlos Zelaya, Schwager der Präsidentin, ist darauf zu sehen, wie er sich mit bekannten Drogen-Capos trifft. Das 34-minütige Video aus dem Jahr 2013 ist der Beweis, dass die 2011 von Zelaya gegründete linke Partei »Libre« zumindest Kontakt zu den ökonomisch potenten Drogenbanden hatte, womöglich noch hat, eventuell sogar Geld im Wahlkampf 2013 annahm.

Das Video löste einen politischen Tsunami in Honduras aus, denn es untergräbt sowohl die Glaubwürdigkeit der Politik als auch die der Präsidentin Castro. Diese ist seit dem 27. Januar 2022 im Amt, angetreten, um Honduras zu demokratisieren, die Justiz zu stärken und Korruption auf allen Ebenen zu bekämpfen. Für sie ist das Video ein Desaster, denn es zeigt, wie sich Zelaya, Strippenzieher für Libre im honduranischen Parlament, mit mehreren bekannten Drogen-Capos, darunter Devis und Javier Rivera von der Drogenbande »Los Cachiros«, trifft. Sie boten Zelaya und der Partei Libre umgerechnet rund eine halbe Million US-Dollar für den Wahlkampf im Jahr 2013 – unklar ist, ob das Geld geflossen ist.

Kontakte zur organisierten Kriminalität

Allerdings ist das Video Beleg dafür, dass die Partei bereits 2013 über direkte Kontakte zur organisierten Kriminalität verfügte – genau wie der Mann, der 2013 die Wahl gewann: Juan Orlando Hernández. Hernández, im Juni in den USA zu einer Haftstrafe von 45 Jahren wegen organisierten Drogenschmuggels verurteilt, hat in seiner achtjährigen Amtszeit eine »Narco-Diktatur« aufgebaut, sagt Joaquín Mejía, Jurist und Analyst des Forschungszentrum Eric-SJ aus der honduranischen Stadt El Progreso. Diese Narco-Diktatur wollte Castro beseitigen; dafür sollte die Justiz reformiert und eine UN-Kommission gegen Korruption und Straflosigkeit (CICIH) ins Land geholt werden. Das Wahlkampfversprechen hat sie bis dato nicht erfüllt, nun scheint es unwahrscheinlich, dass die Kommission noch Realität wird.

»Für mich steht Xiomara Castro vor den Scherben ihrer Politik, sie hat immens an Glaubwürdigkeit verloren.«

Joaquín Mejía Jurist und Analyst

Für Mejía ist die Tatsache, dass Libre, die Partei, die im Januar 2022 angetreten war, um diese Narco-Strukturen in Politik und Gesellschaft des Landes zu zerschlagen, ernüchternd. Noch schlimmer ist die Reaktion der Präsidentin auf das Video: »Sie spielt es herunter. Zeigt mit dem Finger auf andere Parteien und deren Kontakte zur Drogenszene«, kritisiert Mejía. »Für mich steht Xiomara Castro vor den Scherben ihrer Politik, sie hat immens an Glaubwürdigkeit verloren. Dazu trägt bei, dass die Präsidentin wenige Tage, bevor das Video publik wurde, das Auslieferungsabkommen mit den USA einseitig storniert hatte. Wusste sie davon, was die Redaktion veröffentlichen würde?«, fragt Mejía. Dazu muss man wissen, dass die Redaktion von »Insight Crime« wenige Tage vor der Veröffentlichung von Bericht und Video bei der Präsidentin um ein Statement angefragt hatte. Folgerichtig wusste Xiomara Castro in etwa, welche Sprengkraft das Video haben würde.

Auslieferungsabkommen mit den USA

Hat Castro im Interesse ihrer Familie gehandelt? Carlos Zelaya, aber auch dessen Bruder Manuel Zelaya, Ehemann und Berater von Xiomara Castro, müssen sich zumindest den Fragen der Staatsanwaltschaft stellen. Das ist positiv, genauso, dass gegen eine lange Liste von staatlichen Funktionären ermittelt wird, unter anderem gegen die honduranische Richterin Fanny Bennett, die vor wenigen Tagen in Berlin an einer Konferenz zur Situation der Justiz in Mittelamerika teilnahm.

Angesichts der fragilen Justiz in Honduras spielt das Auslieferungsabkommen mit den USA eine zentrale Rolle, sagt Padre Melo, Jesuit und ehemaliger Leiter des kritischen Senders »Radio Progreso«. »Das Auslieferungsabkommen mit den USA ist derzeit das wichtigste Instrument gegen die Drogenbanden«. Er plädiert für die Wiedereinführung und steht damit nicht allein. Immerhin, so Bennett, hat vor wenigen Tagen Generalstaatsanwalt Johel Zelaya, nicht verwandt mit der Familie von Ex-Präsident Manuel Zelaya, eine Liste mit 30 Namen vorgelegt, gegen die Untersuchungen laufen, darunter auch die Namen von Carlos und Manuel Zelaya sowie Ex-Verteidigungsminister Héctor Manuel Zelaya – allesamt verwandt mit der Präsidentin.

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