- Sport
- FC Barcelona
Flicks »Baby Barça« auf Rekordjagd
Deutscher Ex-Nationaltrainer reiht mit Jungspunden beim FC Barcelona sieben Siege aneinander
Statt Spektakel Arbeitssieg: Nach drei Kantersiegen von 7:0, 4:1 und 5:1 musste sich der FC Barcelona am Mittwochabend mit dem Minimalergebnis begnügen: 1:0 gegen den Tabellenvorletzten Getafe im ersten Spiel ohne den deutschen Nationaltorwart Marc-André ter Stegen, der sich am vergangenen Sonntag beim 5:1 in Villarreal einen Patellasehnenriss zugezogen hat. Er fällt für den Rest der Saison aus.
Der Torwart reiht sich damit als Achter in die lange Verletztenliste bei Barcelona ein, darunter sieben Nationalspieler und der 17-jährige Newcomer Marc Bernal, der in den ersten drei Spielen wegen der Personalnot ins kalte Wasser geworfen wurde und sich bei einem Tackling in den Schlussminuten bei Rayo Vallecano einen Kreuzbandriss zuzog. Der immer engere Fußballkalender mit Spielen alle drei Tage bei immer höherer Spielintensität trägt höchstwahrscheinlich zur Häufung schwerer Verletzungen bei nachlassender Konzentration und körperlicher Frische bei. Spaniens Europameister Rodri brachte einen Streik als Notwehrmaßnahme ins Gespräch – kurz bevor er sich am Wochenende selbst am Kreuzband verletzte und nun gezwungenermaßen seine Auszeit bekommt.
Deutsche Akzente gibt es in dieser Saison bei Barça mehr als gewohnt. Zum Mannschaftskapitän ter Stegen gesellt sich das Trainerteam um Hansi Flick. İlkay Gündoğan musste den Verein hingegen nach einem Jahr schon wieder verlassen, weil der klamme Verein Budget für das Gehalt des einzigen Stareinkaufs Dani Olmo von RB Leipzig freischaufeln musste, damit er vorläufig wenigstens bis Ende Dezember eine Spielberechtigung erhalten konnte. Olmo gehört nach einem starken Einstand mit drei Toren in drei Spielen ebenfalls zu den Verletzten, fällt allerdings nur vier bis fünf Wochen aus und nicht mindestens sieben Monate wie voraussichtlich ter Stegen.
Mit unserem wöchentlichen Newsletter nd.DieWoche schauen Sie auf die wichtigsten Themen der Woche und lesen die Highlights unserer Samstagsausgabe bereits am Freitag. Hier das kostenlose Abo holen.
Flick kommt in Katalonien gut an, sein empathischer Umgang mit den Spielern und sein Fördern der jungen Spieler aus Überzeugung, wenn auch wegen der Verletztenmisere notgedrungen, haben dem Bammentaler in den ersten Monaten viele Sympathiepunkte eingebracht. Was nicht zuletzt an den 21 Punkten liegt, die bei Barcelona nach sieben Ligaspielen zu Buche stehen. Sieben Ligasiege zum Saisonauftakt schafften in der Vereinsgeschichte nur Ernesto Valverde 2017/18 und Gerardo Martino 2013/14, der sogar acht Erfolge aneinanderreihte. So illustre Trainer wie Pep Guardiola, Luis Enrique oder einst Johan Cruyff, Luis César Menotti oder Udo Lattek können da nicht mithalten. Rekordhalter Martino stand allerdings am Saisonende titellos da und musste nach einem Jahr wieder gehen. Flick will sich daran sicher kein Beispiel nehmen.
Den Startrekord mit einem Sieg am Samstag bei Osasuna einstellen und die Woche darauf in Alavés übertreffen, dürfte Flick sicher anstreben, denn nach der darauffolgenden Länderspielpause kommen Ende Oktober die großen Bewährungsproben für sein Team: Am 23. Oktober in der Champions League zu Hause gegen Bayern München, wobei nach der 1:2 Auftaktniederlage in Monaco gepunktet werden muss und drei Tage später auswärts beim Erzrivalen Real Madrid, das derzeit als Zweiter vier Punkte hinter Barcelona liegt.
Zu Saisonanfang standen in Flicks Stammelf drei 17-Jährige. Neben dem jetzt verletzten Marc Bernal im defensiven Mittelfeld die schon vergangene Saison zu Stammspielern gereiften Pau Cubarsí als Innenverteidiger und der während der Europameisterschaft zum Weltstar ausgerufene Lamine Yamal, der die EM in Deutschland als 16-Jähriger begann und als 17-jähriger Europameister einen Tag nach seinem Geburtstag beendete.
Am Mittwoch gegen Getafe waren Cubarsí und Yamal auf dem Platz, dazu der 20-jährige Marc Casadó, der 20-jährige Alejandro Balde sowie der 21-jährige Pablo Torre, der auf der Position des verletzten Olmo im zentralen Mittelfeld randurfte. Erneut mit einer guten Leistung, auch wenn er sich nicht wie gegen Villarreal mit Tor und Vorlage in die Statistiken einschreiben konnte. Das Tor des Tages nach 19 Minuten konnte sich der Veteran zu Gute schreiben lassen, der 36-jährige polnische Mittelstürmer Robert Lewandowski, der nach einer vom Torwart nach vorne abgewehrten Flanke des starken Rechtsverteidigers Jules Koundé richtig stand und sein bereits siebtes Saisontor erzielte. Es war der Höhepunkt in einem recht chancenarmen Spiel, in dem Lamine Yamal mit spektakulären Finten und Dribblings für Raunen auf den mit 44.407 gefüllten Rängen des Olympiastadions Lluís Companys sorgte. Die Rückkehr ins Camp Nou, das gerade milliardenschwer umgebaut wird, soll im Dezember stattfinden – Verzögerung nicht ausgeschlossen.
In Gefahr kam der knappe 1:0 Sieg nur kurz vor Schluss, als der freistehende Borja Majoral eine Eingabe nicht richtig traf und neben das Tor von Iñaki Peña setzte, der ter Stegen vertrat und einen ruhigen Abend verlebte, gefeiert durch Sprechchöre wie auch ter Stegen selbst. Ob Iñaki Peña dauerhaft ter Stegens Stellvertreter bleibt, ist offen. Mit dem vertragslosen polnischen Ex-Nationaltorwart Wojciech Szczesny ist sich der Verein bereits für ein Engagement bis zum Saisonende einig. Für Iñaki Peña gehen die Bewährungsproben somit weiter. Und auch für Hansi Flick, dessen »Baby Barça« bisher mit von Gegenpressing geprägtem Tempofußball durch die spanische Liga rauscht und mit 23 Toren nach sieben Spielen einen beachtlichen Wert aufweist. Doch die großen Gegner kommen noch.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.