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  • Hochradioaktiver Atommüll

Trippelschritt auf langem Weg zum Atommüll-Endlager

Entscheidung über Lagerstätte dauert vielleicht noch 50 Jahre

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 4 Min.
Der Rückbau des einst als Atommüll-Endlager vorgesehenen »Erkundungsbergwerks« in Gorleben stockt derzeit.
Der Rückbau des einst als Atommüll-Endlager vorgesehenen »Erkundungsbergwerks« in Gorleben stockt derzeit.

Beim Umgang mit dem Atommüll ist in Deutschland viel falsch gelaufen: Die unterirdischen Lagerstätten Asse in Niedersachsen und Morsleben in Sachsen-Anhalt sind einsturzgefährdet und von Wassereinbrüchen bedroht. Mit dem früheren Eisenbergwerk Schacht Konrad in Salzgitter wird ein Endlager für schwach und mittelradioaktive Abfälle auf Grundlage Jahrzehnte alter Planungen errichtet. Und bei der Suche nach einer Lagerstätte für hochradioaktiven Atomschrott setzten Politik und Energiewirtschaft lange Zeit ausschließlich auf den untauglichen Salzstock in Gorleben.

Diese Erkenntnis und der beharrliche Protest tausender Atomkraftgegner hatten zu einem Umdenken geführt. Ab 2013 erfolgte ein Neustart zumindest bei der Suche nach einem Lager für den hochradioaktiven Müll. Der Bundestag verabschiedete ein Standortauswahlgesetz, mit dem die Suche wissenschaftsbasiert, transparent und partizipativ vonstatten gehen sollte. Behörden und Gremien wurden umstrukturiert oder neu gegründet; so entstanden die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE), das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) und das Nationale Begleitgremium (NBG).

»Sorgfalt vor Eile« lautet seitdem das Arbeitsprinzip. Schließlich gilt es, einen Ort zu finden, an dem rund 27 000 Kubikmeter Atommüll in knapp 1800 Castorbehältern in tiefen Gesteinsschichten für eine Million Jahre möglichst sicher verwahrt und von der Umwelt abgeschirmt werden können. Im Jahr 2020 folgte ein weiterer Meilenstein, als Gorleben wegen wissenschaftlich erwiesener Untauglichkeit aus dem Suchverfahren flog. Zugleich erklärte die BGE aber 90 andere »Teilgebiete« auf rund 54 Prozent der Fläche Deutschlands als potenziell geeignet für ein Endlager.

Am Montag dieser Woche gab es nun mit einem neuen Bericht der BGE einen weiteren Trippelschritt nach vorn. Demnach kommen noch 44 Prozent der deutschen Landesfläche für ein Endlager infrage. Nach neuem Stand gelten nun 13 »Teilgebiete« als ungeeignet oder wenig geeignet. Dazu zählen weite Teile Nordbayerns, Tonformationen im Osten Brandenburgs und Sachsens sowie der »Glücksstadtgraben« in einem Streifen von Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen.

Im Mittleren Jura im Osten Baden-Württembergs und im Westen Bayerns weist der Bericht für rund 75 Prozent der Fläche eine immerhin geringe Eignung aus, der Rest wird noch untersucht. Auch Salzstöcke im Westschleswig-Block, im Thüringer Becken zwischen Hessen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie im Solling-Becken im Weserbergland fallen durch das Raster, weil sie etwa über kein mindestens 100 Meter dickes Deckgebirge verfügen.

Der BGE-Bericht und das von der Gesellschaft zeitgleich ins Internet gestellte Tool »Endlagersuche Navigator« kranken allerdings daran, dass die Kategorisierung der »Teilgebiete« nicht überprüfbar ist. Kriterien und zugrundeliegende Geodaten sind unter Verschluss. Zudem handelt es sich bei dem Bericht lediglich um einen unverbindlichen Zwischenschritt, mit dem die BGE wohl zeigen will, dass das Verfahren vorankommt.

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Tatsächlich wurden die 13 »Teilgebiete« nämlich nur vorläufig aussortiert, sie sind nicht für immer aus dem Rennen. Das wären sie erst, wenn der Bundestag beschließt, welche Regionen weiter erkundet werden sollen. Die noch zu untersuchende Fläche bleibt in jedem Fall riesig. Immerhin verspricht die BGE, bis 2027 im nächsten Verfahrensschritt eine weitaus geringere Zahl von Regionen zur oberirdischen Untersuchung vorzuschlagen.

Laut Gesetz soll der Standort für das Endlager bis 2031 feststehen. Die BGE selbst hatte kürzlich eingeräumt, dass dies frühestens dann erfolgen kann. Ein anderes Szenario sieht sogar einen Zeitraum bis 2068 vor. In einer vom BASE beauftragten Untersuchung des Öko-Instituts heißt es sogar, dass unter »idealen Bedingungen« frühestens 2074 mit einer Standortentscheidung zu rechnen sei – das wäre 43 Jahre später als ursprünglich anvisiert. Bis dahin kann viel passieren.

In Gorleben ist das versprochene Zuschütten des Erkundungsbergwerks kurz vor dem angekündigten Beginn der Arbeiten gestoppt worden – angeblich fehlen noch Genehmigungen. Im Wendland wächst die Befürchtung, dass die Grube zumindest bis zur Bundestagswahl offen gehalten werden soll. In CDU und CSU mehren sich beispielsweise Stimmen, den Schacht doch als Atommüllkippe zu nutzen.

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