Kongo: Umkämpfte Öl-Auktion pausiert

Regierung der DR Kongo will Versteigerung später wieder aufnehmen. NGOs kritisieren Vorgehen als intransparent

  • Constantin Leclerc
  • Lesedauer: 4 Min.
Im Torfgebiet Cuvette Central lagern 29 Milliarden Tonnen CO2. Werden sie durch Ölforderung freigesetzt, entspräche das fossilen Emissionen, die die Welt in drei Jahren ausstößt.
Im Torfgebiet Cuvette Central lagern 29 Milliarden Tonnen CO2. Werden sie durch Ölforderung freigesetzt, entspräche das fossilen Emissionen, die die Welt in drei Jahren ausstößt.

»Das ist ein Sieg für die Umwelt und für uns«, sagt Raoul Monsembula, Koordinator bei Greenpeace in Kongos Hauptstadt Kinshasa. Die Regierung der Demokratischen Republik Kongo setzt die Auktion von 27 Öl-Blöcken aus. Der Grund: Es gingen keine Angebote ein. Greenpeace hatte die Ausschreibung als intransparent und eine potenzielle Ölförderung als ökologisch schädlich kritisiert. Monsembula fordert, dass die Auktion vollständig annulliert wird. Aimé Sakombi, Minister für fossile Brennstoffe, kündigte an, die Auktion zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufzunehmen.

»13 der Öl-Blöcke überschneiden sich mit Naturschutzgebieten«, sagt Monsembula. Darunter ist auch der Virunga Nationalpark, ein Unesco-Weltkulturerbe. Drei Blöcke liegen im Torfgebiet Cuvette Central. In diesem Moor, halb so groß wie Deutschland, lagern 29 Milliarden Tonnen CO2. Sollten sie freigesetzt werden, entspräche dies laut Forschern der Universitäten Kisangani, Leeds und London den Emissionen fossiler Brennstoffe, die die Welt in drei Jahren ausstößt.

Nicht zuletzt deshalb verärgern die Pläne zur Ölförderung die westlichen Geberstaaten. Sie hatten dem Kongo auf der Uno-Klimakonferenz COP 26 in Glasgow 500 Millionen US-Dollar für den Erhalt des Regenwaldes zugesagt. Wenige Monate danach, im Juli 2022, verkündete der damalige Minister für fossile Brennstoffe Didier Budimbu, dass 27 Öl- und drei Methan-Felder zur Auktion ausgeschrieben würden.

Das Projekt würde Tausende Familien und Bauern von ihrem Land vertreiben sowie die Wasser- und Nahrungsversorgung von 40 Millionen Menschen gefährden.

Die Gas-Blöcke sind laut der Watchdog-Organisation »Le Congo n’est pas à vendre« (CNPAV, »Der Kongo steht nicht zum Verkauf«) bereits an Alfajiri Energy, Winds Exploration und Symbion Power vergeben. CNPAV wirft dem Ex-Minister vor, die Gaslizenzen an Alfajiri und Winds Exploration widerrechtlich vergeben zu haben. Beide Firmen hätten keinerlei Erfahrung in der Gasförderung. Das kongolesische Gesetz verlangt jedoch Beweise für die Expertise eines potenziellen Lizenznehmers.

Umstritten ist auch das tatsächliche Potenzial der Öl-Vorkommen. Budimbu bezifferte sie auf 22 Milliarden Barrel, die 2000 Milliarden US-Dollar einbringen könnten. Dagegen schätzt der US-Auslandsgeheimdienst CIA in seinem World Factbook das Potenzial auf 180 Millionen Barrel.

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Budimbu ist inzwischen Sportminister. Sein Nachfolger im Ministerium für fossile Brennstoffe, Sakombi, hat neue Messungen über das Potenzial der Öl-Blöcke angekündigt. Außerdem werde das Prozedere der Auktion präzisiert und die Dimension der Blöcke reduziert, die in ökologisch sensible Gebiete reichen.

Im Kongo ist bisher nur der französisch-britische Konzern Perenco im Ölgeschäft tätig. Nach eigenen Angaben fördert das Unternehmen an der Kongo-Mündung im Westen des Landes durchschnittlich 19 500 Barrel Öl pro Tag. Der Konzern wollte zunächst auf neue Blöcke bieten, stieg aber wieder aus, weil er deren Potenzial für unattraktiv hielt.

Perenco gerät immer wieder mit Teilen der Bevölkerung aneinander. Die Organisationen Sherpa und Les Amis de la Terre haben Perenco 2022 in Paris wegen Schädigung der Umwelt verklagt. Der Konzern bestreitet die Vorwürfe. Das Verfahren ist anhängig.

Sollte im Osten des Kongo jemals Öl fließen, will die Regierung die Felder an die East African Crude Oil Pipeline (EACOP) anschließen. Die ersten Röhren für die 1445 Kilometer lange Leitung sind laut Angaben des Konsortiumführers Total geliefert. Der Bau soll nun beginnen und nächstes Jahr fertig werden.

Die Pipeline soll von der ugandisch-kongolesischen Grenze nach Tansania zum Indischen Ozean führen. Das Projekt würde Tausende Familien und Bauern von ihrem Land vertreiben sowie die Wasser- und Nahrungsversorgung von 40 Millionen Menschen gefährden, kritisiert die Initiative Stopp EACOP. Zudem sind die geschätzten Kosten der Pipeline von 3,5 Milliarden Dollar auf fünf Milliarden Dollar gestiegen.

Nach Recherchen von CNPAV weist das gesamte Ausschreibungsverfahren Ungereimtheiten auf. So hatte der damalige Minister Budimba dem Ministerrat ursprünglich nur 16 Blöcke zur Genehmigung vorgelegt, danach aber 27 Blöcke zur Auktion ausgeschrieben.

Laut CNPAV sind zudem die Besitzverhältnisse mancher Öl-Blöcke juristisch nicht geklärt. So besaß etwa die Firma Oil of DR Congo des israelischen Geschäftsmanns Dan Gertler die Konzessionen für zwei Blöcke im Albertine Graben. Gertler wurde in den USA sanktioniert, weil er im Kongo in korrupte Geschäfte verwickelt war. Daraufhin einigte sich die kongolesische Regierung mit Gertler darauf, die Öl-Konzessionen und Minen-Lizenzen gegen eine Zahlung von 240 Millionen Euro zurückzunehmen. Laut CNPAV müsste die US-Regierung die Sanktionen gegen Gertler lockern, damit das Abkommen in Kraft treten kann. Trotzdem wurden die Blöcke ausgeschrieben.

Monsembula von Greenpeace fürchtet, dass eine neue Ausschreibung »ebenfalls intransparent ablaufen wird«. Es sei zudem ökologisch und ökonomisch sinnvoller, in erneuerbare Energie zu investieren.

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