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Dicke Haut gefragt beim Elefantenhaus
Bauprojekt im Tierpark Berlin feiert nach einigen Schwierigkeiten Richtfest
Nicht alle Besucher lassen sich am Donnerstag vom nasskalten Wetter abschrecken. Vor allem Mütter und Großmütter streifen vormittags mit ihren kleinen Kindern und Enkeln durch den weitläufigen Tierpark Berlin und beobachten Dromedare, Füchse, Bisons – und in deren sehr schön gestaltetem Gehege Giraffen beim Fressen. Unmittelbar neben den Giraffen sollen künftig wieder die afrikanischen Elefanten zu finden sein. Die letzten Exemplare sind 2020 in andere Zoos umgezogen. Ihre altes Dickhäuterhaus wurde 2021 entkernt und wird seither komplett umgebaut und erweitert.
Am Donnerstag feiern die Zimmerleute und andere Bauarbeiter mit dem Zoo- und Tierparkdirektor Andreas Knierim Richtfest. Das bedeutet, der Rohbau steht schon, muss aber noch ausgebaut werden. Bezugsfertig zumindest erst einmal für die Elefanten wird der Komplex voraussichtlich im Jahr 2026 sein. Wann und mit welchen Arten dann zum Beispiel auch das vorgesehene Terrarium im Gebäude besetzt wird, ist noch offen. Das soll Schritt für Schritt und abhängig von den Kosten geschehen.
Das alte Dickhäuterhaus war 1989 nicht ganz fertig übergeben worden. Mosaike, für die an der Fassade Aussparungen frei blieben, sind im Zuge der Wende dann gar nicht mehr geliefert worden. Was es damals schon gab, war innen das große Mosaik »Die Entwicklung der Rüsseltiere«, geschaffen von der 2013 verstorbenen Künstlerin Ortrud Lerch in Zusammenarbeit mit dem VEB Stuck und Naturstein. Doch im neuen Elefantenhaus hat das imposante Mosaik keinen Platz mehr, weil an seinem ursprünglichen Platz künftig die massigen Tiere entlangstreifen werden und es mit ihren gewaltigen Stoßzähnen beschädigen könnten. Darum wurde das 77,5 Quadratmeter große Kunstwerk Stück für Stück herausgenommen und draußen wieder aufgebaut. 350 000 Euro hat allein das gekostet. Doch es hat sich gelohnt, wie Knierim findet. Denn so habe ein »einzigartiges« Mosaik bewahrt werden können, das die »Kunstfertigkeit in der DDR« demonstriere – und im Tageslicht strahle es viel mehr als früher. Im immer etwas dunklen Dickhäuterhaus sei das anders gewesen.
Im Neubau werden treue Gäste des Tierparks nicht mehr viel wiedererkennen. Nur die charakteristischen Außenmauern aus Beton sind geblieben. Das alte, mit Asbest belastete und nur zum Teil verglaste Dach wird komplett ausgetauscht gegen ein neues aus Folien, die sehr viel mehr Licht einfallen lassen. Die Gräben zur Trennung der Elefanten von den Besuchern sind verschwunden. Solche Gräben seien heutzutage nicht mehr üblich, erläutert Direktor Knierim. Weil die Tiere hineinstürzen und sich dadurch schwer verletzen oder sterben könnten, waren sie hier deshalb schon mit Barrieren abgesperrt, was früher in Zoos noch nicht der Fall gewesen ist.
Das neue Haus gibt den einzelnen Tieren mehr Raum. Nashörner werden hier nicht mehr zu bestaunen sein, nicht einmal asiatische Elefanten, die an wesentlich kleineren Ohren zu erkennen sind. Diese Elefanten finden sich inzwischen nur noch im Westberliner Zoo. Der Ostberliner Tierpark konzentriert sich auf die afrikanischen Elefanten, die aus anderen zoologischen Gärten geholt werden, wenn alles für sie bereit ist. Mit einem Bullen und drei Kühen werde man möglicherweise starten, verrät Knierim. Platz wird für bis zu 15 Exemplare sein. Doch die Herde soll im Laufe von Jahrzehnten langsam wachsen.
»Wir hatten hier eine hervorragende Elefantenzucht sowohl bei asiatischen als auch bei afrikanischen Elefanten«, erinnert Knierim an die Erfolge vergangener Zeiten. Daran soll angeknüpft werden. Ganz neu ist die Art der Haltung. Die Tierpfleger werden sich nicht mehr inmitten der Herde aufhalten und Kommandos geben, wozu sie sich in die Rangordnung der Herde einsortieren und als eine Art Alphatier Respekt verschaffen mussten – und das »ohne Rüssel, ohne Stoßzahn und ohne das Gewicht«, wie Knierim betont. Normalerweise funktioniert das zwar. »Aber manchmal versteht ein Elefant nicht, wie zerbrechlich ein Mensch ist«, erläutert der Direktor, der von Beruf Tierarzt ist. Deshalb kommt es auch mal zu Unfällen. Nun werden für die Pfleger erhöhte Laufgänge angelegt, die es ihnen ermöglichen, die Tiere zu geleiten, ohne ihnen zu nahe zu kommen.
Eigentlich sollte das Bauprojekt jetzt schon vollendet sein. 35,4 Millionen Euro waren dafür veranschlagt. Doch Materialengpässe und Lieferschwierigkeiten während der Corona-Pandemie, die 2021 um 30 Prozent gestiegenen Preise und die Pleite eines Planungsbüros machten einen Strich durch diese Rechnung. Jetzt wird mit 52 Millionen Euro kalkuliert. 90 Prozent der Summe werden durch Fördermittel gedeckt.
Wäre es für den Steuerzahler nicht günstiger gewesen, das alte Dickhäuterhaus ganz abzureißen und ein völlig neues Elefantenhaus zu errichten, bei dem nicht einmal mehr die Außenmauern Verwendung finden? »Ich glaube nicht, dass wir billiger und deutlich besser geworden wären«, antwortet der Tierparkdirektor. Obwohl das alte Haus nicht unter Denkmalschutz stand, sei es doch ein »ikonisches Gebäude«, nennt er ein weiteres Argument für das gewählte Vorgehen.
Außerdem sagt Knierim: »Mit der neuen Anlage stellen wir das Tierwohl in den Mittelpunkt und setzen gleichzeitig auf ein einzigartiges Gestaltungskonzept, das den Lebensraum der afrikanischen Elefanten so naturnah wie möglich abbildet.« Mit 7000 Quadratmetern ist es das größte Gebäude im Tierpark, zusätzlich das größte Elefantenhaus in Deutschland, wenn nicht in Europa, und eines der größten Elefantenhäuser in der Welt. Das passt zu den Superlativen in Friedrichsfelde. Schließlich ist der dort gelegene Tierpark mit seinen mehr als 100 Hektar Ausdehnung laut Knierim der größte innerstädtische Zoo der Erde. Auf 25 Kilometern an Wegen zu wandeln, ist ein ganz besonderes Erlebnis – wobei die für Besucher nicht zugänglichen Wirtschaftswege nicht mitgerechnet sind.
Der am 2. Juli 1955 eröffnete Tierpark ist ein Ergebnis der deutschen Teilung. Mit dem bereits 1844 eröffneten Zoo hätte es die Stadt sonst sicher bewenden lassen. Doch die Hauptstadt der DDR sollte auch einen zoologischen Garten bekommen – und sie bekam ihn durch enorm viel ehrenamtliche Aufbaustunden. Darum hängen die alten Ostberliner so sehr an ihrem Tierpark, während bei drastischen Sparmaßnahmen seit der Wende immer mal wieder die verrückte Idee geäußert wurde, ihn zu schließen. Doch mit 1,7 bis 1,8 Millionen Besuchern im Jahr rangiert der Tierpark knapp hinter dem Leipziger Zoo und ist damit zu einem der beliebtesten Zoos in Europa aufgestiegen. Unerreicht ist die Konkurrenz in der eigenen Stadt – der Berliner Zoo verzeichnet um die 3,5 Millionen Gäste. Aber Konkurrenz ist das falsche Wort. Beide Anlagen haben ihre Reize und ergänzen sich ideal. Direktor Andreas Knierim leitet die eine wie die andere.
»Mit der neuen Anlage stellen wir das Tierwohl in den Mittelpunkt und setzen gleichzeitig auf ein einzigartiges Gestaltungskonzept, das den Lebensraum der afrikanischen Elefanten so naturnah wie möglich abbildet.«
Andreas Knierim Tierparkdirektor
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