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Rechte Überraschung bei Präsidentschaftswahl in Rumänien
EU- und Nato-Kritiker Călin Georgescu gewinnt erste Runde der Präsidentschaftswahl
Bukarest. Überraschung in der ersten Runde der Präsidentschaftswahl in Rumänien: Der Rechtsextremist Călin Georgescu ist in die Stichwahl um das Amt des Staatsoberhaupts eingezogen. Der parteilose Populist war mit antiwestlichen Positionen und einem Kult um die rumänischen Faschisten aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs aufgefallen. Von seinen Konkurrenten und den klassischen Medien wurde Georgescu weitgehend ignoriert, dafür ist er sehr erfolgreich auf der Online-Plattform Tiktok unterwegs.
Georgescu erreichte im ersten Wahlgang einen Stimmenanteil von 22,95 Prozent und landete damit vor der zweitplatzierten Kandidatin Elena Lasconi von der konservativ-liberalen Reformpartei USR, die auf 19,17 Prozent der abgegebenen Stimmen kam. Die Entscheidung zwischen den beiden fällt nun am 8. Dezember – eine Woche nach der Parlamentswahl.
Der Ausgang der ersten Wahlrunde ist auch deshalb überraschend, da Prognosen und Nachwahlbefragungen zunächst einen komfortablen Vorsprung für den Premierminister Marcel Ciaolacu vorhergesagt hatten. Ciaolacus sozialdemokratische PSD dominiert seit 30 Jahren die Politik in Rumänien. Georgescu wurden in den Umfragen weniger als zehn Prozent zugesagt.
Nach Auszählung der ersten Wahlrunde sprechen rumänische Beobachter von einem politischen Erdbeben in dem 19 Millionen Einwohner zählenden Land. Denn mit George Simion konnte ein weiterer Rechtsaußen-Politiker ein gutes Ergebnis erringen. Seine 13,8 Prozent bedeuten, dass die extreme Rechte auf rund ein Drittel der Stimmen kommt. »Die extreme Rechte ist bei weitem der große Gewinner dieser Wahl«, sagte Politikwissenschaftler Cristian Pirvulescu der Nachrichtenagentur AFP.
Der parteilose Georgescu hatte in den vergangenen Tagen mit einer viralen Tiktok-Kampagne von sich reden gemacht, in der er ein Ende der Hilfe für die Ukraine forderte. Außerdem äußerte er sich skeptisch über die Nato-Mitgliedschaft Rumäniens. »Heute abend hat das rumänische Volk nach Frieden geschrien. Und es hat sehr laut geschrien, sehr laut«, erklärte Georgescu.
Trump-Anhänger Simion hatte darauf gehofft, dass ein gutes Abschneiden bei der Präsidentschaftswahl seiner rechtsnationalistischen Partei AUR Auftrieb für die Parlamentswahl in Rumänien gibt, die am 1. Dezember stattfindet.
Insgesamt 13 Kandidaten bewarben sich um die Nachfolge des deutschstämmigen Präsidenten Klaus Iohannis, der seit 2014 Staatschef in dem Nachbarland der Ukraine ist.
Die Sozialdemokraten sind die Nachfolgepartei der Kommunisten des langjährigen Diktators Nicolae Ceausescu. Die sozialdemokratischen Regierungsjahre ab den 90ern wurden von mehreren Korruptionsskandalen überschattet. Derzeit regiert die Partei in einer Koalition mit der liberalen PNL. Ciolacu hat niedrige Beliebtheitswerte im Land, versuchte aber im Wahlkampf, sich als Garant für Stabilität und als demütiger, lernwilliger Politiker zu präsentieren.
Die politische Stimmung in Rumänien ist angespannt. Insbesondere die Inflation in Rekordhöhe, die 2023 zehn Prozent erreicht hatte und 2024 immer noch 5,5 Prozent betrug, sorgt für Unmut.
Das Nato-Mitgliedsland hat insbesondere angesichts des Krieges in der Ukraine große strategische Bedeutung: Rumänien teilt sich eine 650 Kilometer lange Grenze mit der Ukraine, die rumänische Schwarzmeerküste reicht bis 150 Kilometer an die Großstadt Odessa heran. 5000 Nato-Soldaten sind in Rumänien stationiert, das Land spielt eine herausragende Rolle für den Export von ukrainischem Getreide. Agenturen/nd
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