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Gorleben zu und viele Fragen offen
Das ehemalige Salzbergwerk in Niedersachsen wird verfüllt, doch wo der Atommüll endgültig deponiert wird, ist weiter ungeklärt
Mit der Verfüllung der Stollen und Schächte mit Steinsalz hat das wohl letzte Kapitel in der wechselvollen Geschichte der Auseinandersetzung um ein Atommüllendlager in Gorleben begonnen: Am Freitag rückten Bagger, Lastwagen und eine große Straßenfräse auf dem Gelände des Erkundungsbergwerks über dem Gorlebener Salzstock an. Dieser war über Jahrzehnte als einziger Standort auf seine Tauglichkeit als dauerhafte Lagerstätte für hochradioaktive Abfälle untersucht worden. Rund 400 000 Kubikmeter Salz, das derzeit auf einer Halde unweit des Bergwerks lagert, sollen in den nächsten Jahren wieder in die aufgebohrten oder durch Sprengungen geschaffenen Hohlräume zurückbefördert werden. Im Standortauswahlverfahren für ein Endlager spielt der Salzstock damit keine Rolle mehr.
Schon 2020 war der Standort aus der Endlagersuche ausgeschieden – wegen derselben wissenschaftlichen Bedenken, die Atomkraftgegner immer wieder vorgebracht, Behörden und Politiker aber stets beiseite gewischt hatten. Doch der versprochene Rückbau des Bergwerks, in dem im Laufe der Jahrzehnte unter dem Deckmantel der »Erkundung« ein fast fertiges Endlager entstand, ließ auf sich warten. So hatte die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) bis zuletzt massiv darauf gedrängt, dass die Verfüllung noch vor der Bundestagswahl im Februar beginnt. Sie wollte so verhindern, dass doch noch einmal um Gorleben gepokert werden könnte.
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Tatsächlich lässt sich ein erneuter Rückgriff auf den Salzstock nur verhindern, indem das einst aus dem Berg geholte Salz wieder in die Stollen und Schächte gekippt wird. Dass Politiker noch einmal umdenken könnten, ist zu befürchten, falls die 2017 neu gestartete Endlagersuche ins Stocken gerät. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und andere Unionspolitiker verlangten bis zuletzt, dass Gorleben zu Ende untersucht und dann auch als Atommüllkippe genutzt werden soll.
Rund 1,9 Milliarden Euro wurden für die Untersuchung des Standortes und das Offenhalten des Bergwerks buchstäblich ins Salz gesetzt, viele weitere Millionen werden durch den Rückbau des Bergwerks dazukommen. Kosten, die Regierungen und Stromindustrie sich hätten ebenso sparen können wie die politischen Verwerfungen im Wendland und darüber hinaus. Immer wieder war die von hohen Mauern mit Stacheldraht und Wasserwerfern umgebene Schachtanlage Ziel von Protestaktionen. Wiederholt besetzten Atomkraftgegner das Bergwerksgelände. Bei Auseinandersetzungen mit der Polizei wurden etliche Menschen verletzt. Tief im Schacht starb bei einem Unfall ein Bergmann, fünf weitere erlitten teils schwere Verletzungen. Die Gorleben-Befürworter in Politik und Behörden wurden für dieses Desaster nie zur Verantwortung gezogen.
Ganz aus dem Schneider ist die Region allerdings noch nicht. Drei Gebiete, die weiter als mögliche Endlagerstandorte geprüft werden, ragen bis ins Wendland hinein. Auch das aus Expertensicht unzureichend etwa gegen Terroranschläge gesicherte oberirdische Gorlebener Zwischenlager für hochradioaktive Abfälle bleibt der Region erhalten. Die wackeren Widerständler sollten also wachsam bleiben – und einen langen Atem haben. Die Suche nach einem Endlager wird sich noch Jahrzehnte hinziehen, die Zwischenlager für hochradioaktive Abfälle dürften noch 100 weitere Jahre notwendig sein. Drei Generationen haben vom Atomstrom profitiert, 30 000 Generationen dürfen sich mit den Folgen herumschlagen.
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