Werbung

Südkorea verhängt Kriegsrecht

Konfrontation nach Haushaltsstreit zwischen Präsident und Parlament

  • Lesedauer: 3 Min.
Kurz vor Mitternacht Ortszeit rief Präsident Yoon Suk Yeol per Fernsehansprache das Kriegsrecht aus
Kurz vor Mitternacht Ortszeit rief Präsident Yoon Suk Yeol per Fernsehansprache das Kriegsrecht aus

Südkoreas Staatschef Yoon Suk Yeol hat inmitten eines Streits über den Staatshaushalt mit der Opposition das Kriegsrecht ausgerufen und die Maßnahme mit dem Schutz vor Nordkorea begründet. »Um ein liberales Südkorea vor den Bedrohungen durch Nordkoreas kommunistische Truppen zu schützen und um anti-staatliche Elemente zu eliminieren (…), rufe ich hiermit das Kriegsrecht aus«, sagte Yoon am Dienstag in einer live übertragenen Fernsehansprache. Die Opposition habe ohne jede Rücksicht auf das »Auskommen« der Bevölkerung die Regierung »gelähmt«.

Yoon ergriff die Maßnahme inmitten eines Streits seiner Partei mit der größten Oppositionskraft Demokratische Partei über das Haushaltsgesetz für kommendes Jahr. Die Abgeordneten der Opposition, die im Parlament die Mehrheit haben, hatten vergangene Woche nur eine deutlich abgespeckte Fassung des Haushaltsentwurfs im zuständigen Parlamentsausschuss gebilligt.

nd.Kompakt – unser täglicher Newsletter

Unser täglicher Newsletter nd.Kompakt bringt Ordnung in den Nachrichtenwahnsinn. Sie erhalten jeden Tag einen Überblick zu den spannendsten Geschichten aus der Redaktion. Hier das kostenlose Abo holen.

Haushaltsstreit Ursache für das Kriegsrecht

Das Parlament sei »ein Zufluchtsort für Kriminelle geworden, ein Hort für eine legislative Diktatur, die das juristische und administrative System lähmen und unsere liberale demokratische Ordnung stürzen will«, sagte Yoon in seiner Ansprache dazu.

Er warf der Opposition vor, Gelder für die Kernaufgaben des Staates wie etwa die Bekämpfung der Drogenkriminalität und die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung zusammenzustreichen und damit einen »Zustand des Chaos bei der öffentlichen Sicherheit« zu schaffen. »Ich werde das Land zur Normalität zurückführen, indem ich es so schnell wie möglich von anti-staatlichen Kräften befreie.«

Parlament abgeriegelt, Parteien verboten

Nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Yonhap ist das Parlament abgeriegelt worden. In Fernsehaufnahmen war zu sehen, wie Hubschrauber auf dem Dach des Gebäudes in der Hauptstadt Seoul landeten. Alle politischen Aktivitäten seien untersagt, erklärte der Befehlshaber des Kriegsrechts, Park An Su. Alle Medien würden von der Regierung überwacht.

»Alle politischen Aktivitäten, einschließlich derjenigen der Nationalversammlung, der Gemeinderäte, der politischen Parteien und politischen Vereinigungen sowie Versammlungen und Demonstrationen, sind strengstens verboten«, erklärte er. Alle Medien und Publikationen würden der Kontrolle des Kriegsrechtskommandos unterliegen.

Gegen 1 Uhr Ortszeit gelang es vielen Abgeordneten dennoch, ins Parlament zu gelangen und in einer Sitzung gegen das Kriegsrecht zu stimmen. Laut Verfassung ist das Ergebnis umzusetzen und das Kriegsrecht wieder aufzuheben. »Die Erklärung des Kriegsrechts ist null und nichtig!«, meldete die koreanische Zeitung Korea JoongAng Daily.

Südkorea befindet sich mit Nordkorea technisch gesehen seit dem Ende des Korea-Krieges 1953 formell weiter im Kriegszustand, da der Konflikt mit einem Waffenstillstand und nicht mit einem Friedensvertrag endete. Beide Länder trennt eine etwa vier Kilometer breite entmilitarisierte Zone. Die Beziehungen zwischen beiden Ländern befinden sich derzeit auf einem Tiefpunkt. AFP/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.