Die Berlin Volleys und die Sache mit dem Druck

Im Spitzenspiel der Bundesliga dominieren die Berlin Volleys den Tabellenzweiten aus Lüneburg ohne Probleme

  • Lennart Garbes
  • Lesedauer: 4 Min.
Nach dem engen Viertelfinale im DVV-Pokal vor zwei Wochen hatten die Berlin Volleys diesmal keine große Mühe gegen die SVG Lüneburg.
Nach dem engen Viertelfinale im DVV-Pokal vor zwei Wochen hatten die Berlin Volleys diesmal keine große Mühe gegen die SVG Lüneburg.

Es hätte der erste knifflige Moment in dieser Spielzeit werden können für die Berlin Volleys. Am vergangenen Mittwoch hatten die Volleyballer in der Champions League gegen Warschau zum ersten Mal in dieser Saison ein Spiel verloren – und das glatt in drei Sätzen. Nur drei Tage später stand das Bundesliga-Topspiel gegen die SVG Lüneburg an. Doch im Duell Erster gegen Zweiter zeigte der Tabellenführer aus Berlin am Samstagabend eine starke Reaktion auf die erste Saisonniederlage.

Nach nicht einmal 90 Minuten hatten die Volleys ihren ärgsten Verfolger in der Liga mit 25:18, 25:18 und 25:20 von der Platte gefegt. Auch eine Fußverletzung von Mittelblocker Matthew Knigge früh im ersten Satz brachte den Rekordmeister nicht aus der Ruhe. Stattdessen schwang sich der für Knigge eingewechselte Florian Krage mit zehn Punkten und vielen guten Defensivaktionen zum besten Mann des Spiels auf.

Das junge Team aus Lüneburg konnte vor 4936 Zuschauer*innen in der stimmungsvollen Max-Schmeling-Halle in allen drei Sätzen jeweils nur zu Beginn mithalten. Immer wenn die Volleys ab Mitte des Durchgangs die Schlagzahl erhöhten, sprang eine komfortable Führung heraus, die dann nicht mehr hergegeben wurde. Für Berlins Kapitän Ruben Schott war es die richtige Antwort auf die Pleite in der Königsklasse: »Die Mentalität hat gestimmt, aber ich glaube, das ist auch normal nach so einem Spiel wie in Warschau. Das war unsere erste Niederlage, und man will dann am liebsten sofort wieder zurück auf die Platte und zeigen, was man kann. Ich glaube, dass haben wir heute gemacht.«

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass der Tabellenzweite kaum in der Lage war, die Volleys unter Druck zu setzen. Allein durch Aufschlagfehler schenkte die SVG den Berlinern 19 Punkte. An ihre Bestform von vor zwei Wochen, als die Lüneburger im Viertelfinale des DVV-Pokals in Berlin nur knapp mit 1:3 verloren hatten, kamen die Niedersachsen diesmal nicht heran. Ruben Schott räumte deswegen nach Spielende am Samstag auch ein: »Insgesamt haben wir das sehr erwachsen runtergespielt. Aber das ist natürlich auch einfacher, wenn man mit drei, vier Punkten im Satz führt. Dann lässt es sich schon befreiter spielen.«

Für die Volleys ist das in der Bundesliga bisher der Normalfall. Nach dem Sieg im Spitzenspiel steht der Rekordmeister bei elf Siegen aus elf Partien. Erst zweimal mussten die Volleys dabei einen Satz abgeben, in einen entscheidenden fünften Satz mussten sie in der Liga bisher noch nie. Auf den neuen Tabellenzweiten Friedrichshafen haben sie daher bereits sechs Punkte Vorsprung.

Auf europäischem Topniveau in der Champions League zeigt sich dagegen ein anderes Bild. Schon beim Auftaktmatch gegen Ljubljana mussten sich die Berliner für den wichtigen Heimsieg ordentlich strecken. Nach der glatten Niederlage am Mittwoch gegen Warschau sprach Trainer Joel Banks dann auch über das unterschiedliche Leistungsniveau, mit dem das Spitzenteam aus Warschau in der heimischen Liga konfrontiert ist: »Sie sind dieses Level aus der PlusLiga einfach gewohnt und können es noch länger halten als wir. Wir sind diesem Druck nicht immer ausgesetzt. Das ist keine Ausrede, aber die Realität.«

Für den britischen Coach der Berliner, der früher selbst in der polnischen PlusLiga gearbeitet hat, zeigt sich hier ein entscheidender Unterschied im Vergleich zur Bundesliga. Gegenüber »nd« erklärte der 49-Jährige nach dem ungefährdeten Sieg gegen Lüneburg, dass die Spitzenteams in Polen deutlich häufiger unter Druck stünden: »Das bedeutet, dass Mannschaften wie Warschau öfter Situationen haben in denen es 20:20 oder 22:22 steht, und sie lernen müssen mit diesen Situationen umzugehen, welche Entscheidungen sie dann treffen, welchen Spielzug sie auswählen. Mit dieser Situation sind sie in der PlusLiga deutlich häufiger konfrontiert als wir.«

Die letzten Prozente Wettkampfhärte müssen sich die Volleys daher anders erarbeiten, fordert Banks: »Mit allem Respekt für unsere Gegner: Aber wir dominieren aktuell die Bundesliga. Deswegen geht es für uns viel um Standards. Wir sprechen viel darüber, wie wir trainieren, spielen und performen wollen, weil wir das selbst kontrollieren können.« Der souveräne Sieg im Spitzenspiel gegen Lüneburg sollte diesem Standard absolut genügen, auch wenn die Druckresistenz der Berliner kaum getestet wurde. Die müssen sich die Volleys woanders holen, denn im Januar warten die entscheidenden Duelle in der Champions-League-Gruppenphase in Ljubljana und zu Hause gegen Warschau. Spätestens dann wird der Druck auf die Berliner Volleyballer wieder deutlich größer werden.

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