Werbung
  • Berlin
  • Zivilschutzeinheit des DRK

Mobile Zeltstadt für 5000 Menschen in Berlin Schönefeld

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) besucht Zivilschutzeinheit des DRK in Schönefeld

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 4 Min.
Außenministerin Annalena Baerbock besichtigt ein zur DRK-Zivilschutzeinheit gehörendes Wohnzelt.
Außenministerin Annalena Baerbock besichtigt ein zur DRK-Zivilschutzeinheit gehörendes Wohnzelt.

In einer Lagerhalle seines Logstikzentrums am alten Flughafen Schönefeld bewahrt das Deutsche Rote Kreuz (DRK) alles Notwendige für eine Zeltstadt auf. In dieser Zeltstadt können im Katastrophenfall mindestens 5000 Personen unterkommen. Für zwölf Monate würde das Material reichen. »Es ist eine 5000er Einheit, was nicht heißt, dass man nicht mehr als 5000 Menschen betreuen kann«, erläutert Philipp Wiesener. Er ist Teamleiter für gesundheitlichen Bevölkerungsschutz und nationales Krisenmanagement beim DRK-Generalsekretariat.

Am Montagmittag führt Wiesener Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in der Halle zu hier abgestellten Spezialfahrzeugen und extra aufgebauten Stationen und erläutert, was es damit jeweils auf sich hat. In den Hochregalen dahinter sind unter anderem Paletten voller Spaten und Rohre zu sehen. Gelagert werden hier beispielsweise auch Feldbetten und Toiletten, Heizgeräte und Kühlcontainer.

In einem Arztzelt für Mütter und Kinder stehen Liegen bereit und auf Tischen liegen gelbe Impfausweise, Formulare und Fieberthermometer, dazu ein Blutdruckmessgerät und ein Stethoskop zum Abhören. In einem Wohnzelt mit Licht reihen sich niedrige Doppelstockbetten dicht aneinander. Baerbock legt sich probehalber einmal in eines dieser Betten. Es gibt außerdem 32 Container, die als Labor oder kleine Pflegestation mit je zwei Betten ausgelegt sind. Denn auf 5000 Personen rechnet das DRK mit 170 Pflegebedürftigen – und übrigens auch mit 114 Schwangeren. Baerbock erkundigt sich extra nach einer Geburtsstation, weil sie gehört hat, dass es daran bei vergleichbaren Zeltstädten in der Ukraine oder im Gazastreifen immer mangelte.

Bei den Dieselgeneratoren, die für den Strom sorgen würden, fragt die Ministerin: »Haben Sie auch Solarzellen?« Ja, aber nicht genügend, um den gesamten Energiebedarf zu decken. Die sieben vorhandenen Solaranlagen haben sich aber bereits bei der Versorgung mit Internet und Mobilfunk als praktischer als die zuvor verwendeten 15 Notstromaggregate erwiesen. Denn um Internet- und Mobilfunkverbindungen herzustellen, können Richtfunkantennen zum Beispiel auf dem nächsten Berg aufgestellt werden. In die Aggregate müsste alle acht Stunden Treibstoff nachgefüllt werden. Es ist sehr anstrengend, die Kanister hochzuschleppen. Mit der Technik können bis zu 1000 Nutzer gleichzeitig im Internet surfen.

»Es ist eine 5000er Einheit, was nicht heißt, dass man nicht mehr als 5000 Menschen betreuen kann.«

Philipp Wiesener DRK-Teamleiter

Seit 2020 gibt es diese Betreuungsreserve, um die sich das DRK im Auftrag des Bundes kümmert. Die Idee dahinter: Lieber »etwas vorhalten für ein Großschadensereignis, als dann immer nur reagieren«, erklärt Wiesener. »In einer Krise bekommt man keine Container. Deshalb der Vorhaltegedanke.« Wiesener sagt auch: »Man muss nicht immer die mobile Kleinstadt komplett aufbauen. Wir können auch Submodule herausziehen.«

Einzelne Komponenten sind so bereits zum Einsatz gekommen, etwa bei der Flutkatastrophe 2021 im Ahrtal tief im Westen der Bundesrepublik. Hier wurden die durch das Wasser zeitweise auch vom Internet abgeschnittenen Einwohner über eine Richtfunkstrecke versorgt, die 90 Kilometer lang sein kann. Die Container fanden 2022 bei der Unterbringung von Geflüchteten im Berliner Ortsteil Tegel Verwendung. Ein Lastkraftwagen, in den eine Arztpraxis eingebaut ist, wurde schon als Impfzentrum benutzt.

Wenn es die Zelte nicht braucht, bleiben sie im Lager. Die Feldbetten können genauso gut in einer Turnhalle oder einer Kaserne aufgestellt werden, wenn die frei sind. Nach Angaben von Wiesener kann das geschehen, wenn eine Klinik oder ein Pflegeheim evakuiert werden muss. Sein Kollege Michael Sieland führt aus: Schätzungsweise 200 bis 400 geschulte Ehrenamtliche würde das DRK einsetzen, um die Zeltstadt zu errichten. Dann müssten Helfer vor Ort den Betrieb übernehmen.

Kein zweites Mal gibt es in Brandenburg den Unimog-Krankenwagen mit großen Rädern, der durch überflutete Straßen fahren kann. Nur die Werksfeuerwehr der Lausitzer Energie AG habe zumindest ein ähnliches Fahrzeug, heißt es. Der Unimog kann nach einem ABC-Vorfall zwei Patienten aufnehmen. A steht für atomare Strahlung wie bei einem Reaktorunfall, B für biologisch wie bei einem hochaggressiven Virus und C für chemisch wie bei einem Unglück in einer Chemiefabrik.

So schrecklich das schon klingt, es geht noch sehr viel schlimmer. Denn man spricht nicht umsonst von ABC-Waffen, wozu Atomraketen und Giftgas gehören. Unweigerlich erinnert das an eine aufsehenerregende Äußerung von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD). Der sagte im Juni im Bundestag: »Wir müssen bis 2029 kriegstüchtig sein.«

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.