Sammelklage gegen Australiens größte Bergbaukonzerne

In den Minen von Rio Tinto und BHP soll über Jahre sexuelle Gewalt ausgeübt worden sein

  • Barbara Barkhausen
  • Lesedauer: 4 Min.
Arbeiten in der Nickel-Mine Ravensthorpe des australischen Bergbaukonzerns BHP: In den Minencamps soll über Jahre sexuelle Belästigung und Gewalt ausgeübt worden sein.
Arbeiten in der Nickel-Mine Ravensthorpe des australischen Bergbaukonzerns BHP: In den Minencamps soll über Jahre sexuelle Belästigung und Gewalt ausgeübt worden sein.

Sexistische Bemerkungen, unangemessene Berührungen bis hin zur Gewalt: Die Arbeitskultur in den australischen Bergbaukonzernen wird seit Jahren immer wieder angeprangert. Erst im November legte ein Bericht des Bergbauunternehmens Rio Tinto acht Fälle von tatsächlichen oder versuchten sexuellen Übergriffen und Vergewaltigungen offen. In den meisten Fällen sind Frauen die Opfer.

Beim australischen Bergbaukonzern BHP sieht die Situation ähnlich aus: Auf der Website des Unternehmens heißt es, im Geschäftsjahr 2023/2024 seien 417 Meldungen über sexuelle Belästigung eingegangen. Tatort sind dabei hauptsächlich die einsam gelegenen Minencamps der Konzerne. Betroffene gehen nun in einer Sammelklage gegen die zwei größten australischen Bergbauunternehmen vor.

Die Anwaltskanzlei JGA Saddler betreut die Klage. Sie geht davon aus, dass sich in den kommenden Wochen und Monaten mehrere tausend weitere Minenarbeiterinnen der Klage anschließen könnten. Diese soll die systematische sexuelle Belästigung und Geschlechterdiskriminierung in den Minencamps von Rio Tinto und BHP über die vergangenen zwei Jahrzehnte abdecken.

Keine neue Problematik

Thematisiert wird die Problematik seit Jahren immer wieder: Erst 2022 hatte eine einjährige Untersuchung, die das westaustralische Parlament in Auftrag gegeben hatte, angemahnt, dass Frauen in den Minencamps häufig Opfer sexueller Gewalt würden. Belästigung sei an der Tagesordnung, hieß es damals.

Bei den Minencamps handelt es sich um teils einsam gelegene Arbeitsstätten im australischen Outback – häufig im Westen des Landes, wo sich die großen Eisenerzvorkommen befinden. Die Regionen sind abseits jeder Zivilisation – meist wird hier im Schichtdienst gearbeitet, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden eingeflogen und arbeiten häufig zwei Wochen am Stück, bevor sie eine Woche frei haben. »Fifo« nennen die Australier das – »Fly in, Fly out« (»Reinfliegen, rausfliegen«, Anm. d. Red.).

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Die Bergbaubranche ist für ihre hohen Gehälter bekannt und deswegen ein beliebter Arbeitgeber. Sie ist nach wie vor männerdominiert, wobei viele Konzerne sich inzwischen das Ziel gesetzt haben, ihren Frauenanteil an der Belegschaft zu erhöhen. 2022/2023 war etwa ein Fünftel der rund 289 000 Minenarbeiter in Australien Frauen.

»Aufstehen und etwas sagen, ist mit enormen beruflichen und persönlichen Kosten verbunden.«

Betroffene sexueller Gewalt

Der in Brisbane ansässige JGA Saddler-Anwalt Joshua Aylward sagte gegenüber dem australischen Sender, dass einige der Frauen »wirklich gebrochen« seien, nachdem man sie erniedrigt und verspottet und später oftmals entlassen habe, weil sie versuchten, ihre Meinung zu sagen. »Sie fühlen sich einfach wertlos, weil diese Unternehmen es diesen Männern erlaubt haben, sie so zu behandeln«, sagte Aylward.

Er habe in den letzten 18 Monaten mit Hunderten von Frauen gesprochen, die wegen »anhaltender sexueller Übergriffe und Belästigungen« nicht arbeiten konnten. Der Anwalt betonte auch, wie mutig die beiden Hauptklägerinnen seien. Seine Kanzlei werde ihre Namen nicht preisgeben, weil sie Vergeltungsmaßnahmen seitens der Männer fürchteten.

Sexismus selbst im Parlament

Sexuelle Belästigung ist in Australien ein allgegenwärtiges Thema und kommt nicht nur im Bergbau vor: 2021 hatte sich deswegen bereits eine Art australische #MeToo-Bewegung formiert. Mehrere Zehntausend Menschen gingen damals für die Rechte von Frauen auf die Straße. Ihr Ärger formierte sich über Wochen, nachdem eine Vergewaltigung im Parlament ans Tageslicht kam und sich der damalige Justizminister, Christian Porter, schweren Anschuldigungen wegen Missbrauchsvorwürfen ausgesetzt sah.

Eine der aktuellen Anklägerinnen arbeitete als Fifo-Sicherheitsbeauftragte für eine Reihe von Rio Tinto verwalteten Camps. Sie berichtete gegenüber der ABC, wie sie wöchentlich sexuell belästigt worden sei. Der Kollege habe nach ihrer Beschwerde zwar gekündigt, doch sie selbst sei bei weiteren Qualifizierungsangeboten »übersehen« worden. »Aufstehen und etwas sagen, ist mit enormen beruflichen und persönlichen Kosten verbunden«, meinte die Betroffene. »Solange sich die Frauen im Bergbau nicht zusammenschließen und ›Nicht mehr‹ sagen, werden diese großen Unternehmen dies weiterhin vertuschen.«

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