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Berlin: Mit Hindernissen zu Karl und Rosa
Baustellen behindern am 12. Januar die Liebknecht-Luxemburg-Ehrung in Berlin-Friedrichsfelde
Rüdiger Deißler ist einer derjenigen, die sich große Sorgen machen, die traditionelle Demonstration zu den Gräbern von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg in Berlin-Friedrichsfelde könne im Januar nicht stattfinden. Deißler gehört zur Linksfraktion in der Bezirksverordnetenversammlung von Charlottenburg-Wilmersdorf und er gehört auch zu den zahlreichen Unterstützern der Liebknecht-Luxemburg-Demonstration. Die Teilnehmer sollen sich am 12. Januar am U-Bahnhof Frankfurter Tor sammeln und um 10 Uhr wie jedes Jahr zur Gedenkstätte der Sozialisten in Friedrichsfelde laufen.
Kurz vor dem Ziel werden sie jedoch auf erhebliche Hindernisse treffen. Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) wechseln auf der Gudrunstraße die Gleise aus. Die beiden Fußwege und eine schmale Fahrbahn sind zwar mittlerweile frei, die übrige Straße aber bleibt voraussichtlich bis 27. Januar noch für letzte Arbeiten gesperrt. Es gibt aufgerissene Stellen. Ein Bagger kurvt herum. »Unsere Fachabteilung ist über den Termin der Demo informiert und wird die notwendigen Arbeiten entsprechend organisieren«, versichert die BVG auf Nachfrage.
Doch diese Baustelle wird am 12. Januar »ein Nadelöhr«, ist sich Ellen Brombacher bewusst. Bei der Demonstration werde es darauf ankommen, dass dies alle wissen und niemand von hinten schiebe. Brombacher hat ebenfalls große Bedenken. Angesichts dessen hätte jeder Angst um die Demonstration haben müssen, der das sah, sagt die 77-Jährige, die schon ewig zu den Organisatoren der LL-Demo gehört. Nach einem Ortstermin mit der Polizei am Donnerstag ist sie wieder zuversichtlicher. »Nach dem Stand der Dinge vom 19. Dezember ist es zwar mit einigen Schwierigkeiten verbunden, aber die Ehrung kann stattfinden«, erklärt Brombacher dem »nd«.
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So ähnlich sieht es auch Bjoern Thielebein, kommissarischer Landesgeschäftsführer der Berliner Linken. Er hat das gewohnte stille Gedenken angemeldet, bei dem an die 1919 von rechten Freikorpssoldaten ermordeten Sozialisten Liebknecht und Luxemburg erinnert wird. »Die Angst, dass es nicht funktioniert, ist nach meiner Einschätzung seit Donnerstag unbegründet«, sagt Thielebein. »Es wird Einschränkungen geben. Aber das Gedenken wird insgesamt in der gewohnten Form stattfinden können.«
Da meint Thielebein allerdings nicht nur die Straßenbahngleise. Denn wenige Schritte weiter warten unmittelbar vor dem Friedhof die nächsten großen Schwierigkeiten. Zunächst einmal ist auf dem begrünten Dreieck links vom Eingang eine Kita gebaut worden. Die ist so gut wie fertig, aber noch von Bauzäunen umstellt. Der Fußweg an der Gudrunstraße, auf dem immer zahlreiche Stände zu finden waren, ist deshalb nicht begehbar. Doch dann kommt es noch dicker: Das Pflaster unmittelbar vor der Gedenkstätte ist aufgerissen. Hier entsteht ein parkartiger neuer Eingangsbereich. Erst einmal klafft deswegen aber ein großes Loch bis vor die Eingangstore, die fest verschlossen sind. Genau hier sammelte sich in den letzten Jahren die Spitze der Linken morgens früh mit ihren Kränzen und Blumen. Auf der rechten Seite waren auch Stände zu finden, für die dort nun vorläufig kein Platz mehr ist.
»Es wird Einschränkungen geben. Aber das Gedenken wird insgesamt in der gewohnten Form stattfinden können.«
Bjoern Thielebein Anmelder
Es gibt links durch den Seiteneingang eine Möglichkeit, dennoch zu den Gräbern von Karl und Rosa zu gelangen: Ein sehr schmaler Fußpfad führt dorthin und ein schmaler Schotterdamm, der von einem Auto oder einem Transporter befahren werden kann, aber nicht von einem Lastwagen. An normalen Tagen reicht das für die Friedhofsbesucher völlig aus, aber natürlich keinesfalls, wenn am 12. Januar eine Demonstration mit Tausenden Teilnehmern stattfindet.
Doch auch für dieses Problem soll es nun eine Lösung geben. Das Bezirksamt Lichtenberg sei bemüht, das Gedenken auch unter den schwierigen Rahmenbedingungen des Jahres 2025 zu ermöglichen, versichert die für Grünflächen und das Ordnungsamt zuständige Bezirksstadträtin Filiz Keküllüoğlu (Grüne) dem »nd«. Es sei in Absprache mit der Polizei und den Veranstaltern eine Kompromisslösung gefunden worden. Demnach sollen die Infostände auf der Gudrunstraße auf dem Abschnitt zwischen Volkerstraße und Friedhof platziert werden. »Dieser Bereich soll am Tage der Veranstaltung vorübergehend vom sonst üblichen Verkehr befreit werden, um die notwendigen Flächen dafür, aber auch für den Demonstrationszug sowie die Einsatzkräfte schaffen zu können«, erläutert Keküllüoğlu. Unmittelbar vor dem Friedhof sollen Bauzäune umgestellt werden. Dort entsteht mehr Platz, indem ein Teil der Baugrube für den Tag der Demonstration mit Schotter verfüllt wird.
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