Wohin mit dem Nachlass der Künstler?

Die Frage nach einem vom Land Brandenburg finanzierten Depot ist noch nicht beantwortet

  • Matthias Krauß
  • Lesedauer: 4 Min.
Kunst aus Nachlässen im Landtag, darunter die Büste eines roten Matrose des Panzerkreuzers »Aurora«.
Kunst aus Nachlässen im Landtag, darunter die Büste eines roten Matrose des Panzerkreuzers »Aurora«.

Wird es in Brandenburg ein Kernbestandsdepot für Künstlernachlässe geben? Diese Frage ist noch nicht entschieden. Aber sie ist auch nicht vom Tisch.

Zum letzten geführten Rundgang durch die Jahresausstellung mit Werken aus 18 Künstlernachlässen im brandenburgischen Landtag hat sich auch die Lebensgefährtin des verstorbenen Bildhauers Rainer Fürstenberg im Parlament eingefunden. Vor Fürstenbergs Stahlskulptur »Liebe, Glaube, Hoffnung« berichtet Heike Ludwig von der Ungewissheit, die mit dem Nachlass ihres 2013 gestorbenen Gefährten verbunden ist. Auf einem gepachteten Grundstück in Potsdam-Drewitz sind die Arbeiten heute untergebracht.

»Die Pacht ist durch die Stadt jährlich kündbar«, sagt Ludwig. Ihrer Meinung nach war die Unsicherheit, mit der das Schicksal des eigenen Gesamtwerks verbunden war, »ein Baustein« zum frühen Tod des Künstlers mit nur 51 Jahren. »Das hat ihn sehr mitgenommen.« Jetzt hofft Ludwig, dass es rechtzeitig ein Depot geben wird, »wo man die Arbeiten lassen kann«. Ein Depot, »in dem die Kunst blüht«.

Nur den Kernbestand sichern

Ein Jahr lang hingen von 18 Künstlern je ein halbes Dutzend Werke im Landtag und konnten von Abgeordneten, Beschäftigten und Besuchern bestaunt werden. Es handelte sich nicht um die Künstler der »ersten Garnitur«, aber in jedem Fall um hochinteressante Ausstellungsstücke. Verbunden war die Jahresschau mit der Anfrage an das Parlament, ob das Land Brandenburg Geld gibt für ein Depot, in dem der »Kernbestand« der Künstlernachlässe gesichert wird. Denn um alles, was nicht offiziell von der öffentlichen Hand übernommen wird, müssen sich die Familien und die Erben der verstorbenen Künstler kümmern. Und die wissen oft nicht, an wen sie sich mit dem künstlerischen Nachlass wenden und was sie damit anfangen sollen.

Eine definitiv positive Antwort hat es nicht gegeben, sagt Kuratorin Liane Burkhardt. Aber auch keine Ablehnung. Das Thema sei im Parlament auf der Tagesordnung des Kulturausschusses gewesen. Dort wurde es dem am 22. September neu gewählten Landtag zur Behandlung empfohlen.

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Es geht nicht allein um die Frage, ob ein solches Depot entsteht, sondern auch darum, wo es entstehen soll, was dort aufgenommen und wie es betreut wird. Natürlich gehe es um die finanziellen Mittel für ein solches wichtiges Projekt, bestätigt Burghardt. In einer Zeit, in der jahrelang von Haushaltskonsolidierung gesprochen werde, sei eine solche Entscheidung doppelt schwierig, weiß die Kuratorin.

Im Depot lagern würde man – so die Vorstellung der Befürworter – drei bis fünf Prozent des Gesamtwerks eines bildenden Künstlers. Das bedeutet: Die Frage, wohin mit dem großen Rest des Künstlernachlasses, wäre auch bei einem positiven Bescheid nicht beantwortet. Zum Jahreswechsel wird die Ausstellung abgebaut, die Angehörigen der Künstler werden die Stücke wieder an sich nehmen.

Fotos zur Wiedervereinigung

Vom 22. Januar an soll eine neue Ausstellung die Wände des Landtags zieren. Angekündigt ist die Fotoschau »Zeitsprung – 35 Jahre nach der Wiedervereinigung«. Drei Fotografen sollen »ihre unterschiedlichen Positionen und Ansichten mittels ihrer Arbeiten deutlich machen«. In den Fotografien von Karl-Ludwig Lange, Hildegard Ochse und Kathrin Ollroge geht es um die Auseinandersetzung mit der Berliner Mauer, ihren Fall und die Zeit nach der Wende.

Offenbar bleibt der Landtag seiner Linie treu, in seinen Kunstpräsentationen eigene Wege zu gehen und den Zeitgeist nicht in jedem Fall zu bedienen. Für gewöhnlich enden die offiziellen Ausstellungen zum Wende-Jubiläum mit dem Freudentanz auf der Mauer. Weniger in den Blick gerät dabei, was aus dieser Freude geworden ist und inwiefern sie sich in späteren Jahren als gerechtfertigt erwiesen hat. Meist vergeblich sucht man Ausstellungen, die den Parolen und Losungen der Wendezeit das gegenüberstellen, was danach unter anderem mit Massenarbeitslosigkeit und Abwanderung auf die Menschen in Ostdeutschland einstürzte.

Vielversprechend klingt dagegen, was der Landtag mit der Fotoserie »Zeitsprung« plant: »Die Ausstellung zeigt die Ergebnisse einer intensiven Spurensuche auf dem Gebiet der ehemaligen DDR und gibt einen Einblick in die innerdeutsche Geschichte anhand persönlicher Stimmungsbilder der Menschen im Land Brandenburg.«

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