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Autoritärer Umbau des Staates in den USA
Mit atemberaubender Geschwindigkeit krempelt die ultrarechte US-Regierung die Exekutive um
»Close it down!«, forderte US-Präsident Donald Trump am Freitag in Großbuchstaben auf seiner Plattform Truth Social. Als »kriminelle Organisation« hatte sein Berater Elon Musk zuvor USAID bezeichnet. Nach der per Dekret verordneten Einstellung jeglicher Auslandshilfe forderte die Regierung Tausende von US-Angestellten der Behörde auf, ihre Sachen innerhalb eines Monats zu packen und in die USA zurückzureisen. Kurz darauf verfügte ein US-Bundesgericht, die Beurlaubung von 2100 der über 10 000 USAID-Leute und ihre Rückkehr aus Übersee sei vorläufig auszusetzen. Geklagt hatten Gewerkschaften – sie halten Trumps Vorstoß für illegal und verfassungswidrig. Die Behörde werde ohne Ermächtigung des Kongresses systematisch abgebaut, argumentieren sie. Trotz des richterlichen Entscheids ist der Schaden bereits angerichtet. Laut Regierung sollen nur noch 300 Mitarbeiter verbleiben.
Hinter dem Angriff auf USAID steht der Plan, das gesamte Gefüge der US-Bundesregierung autoritär umzubauen. Trumps Ziel: die Stärkung und Zentralisierung der Exekutive auf Kosten der Legislative. Bis ins Detail dargelegt ist es im »Project 2025«, das von der konservativen Heritage-Foundation erarbeitet wurde. Demnach soll die Bundesbürokratie, inklusive das formal unabhängige Justizministerium, direkt dem Präsidenten unterstellt werden. Dass der Senat und das Repräsentantenhaus dabei mithilfe von Trumps Dekreten umgangen werden sollen, unterstrich Elon Musk auf seiner Plattform X mit dem Satz »Live by executive order, die by executive order« (etwa: über Leben oder Tod entscheiden Exekutivverordnungen).
Das Drehbuch der Rechtsextremen lautet: bewusst und mit Wucht gegen die Verfassung und andere Rechte verstoßen, um die Gerichte und die Opposition zu überwältigen. Man setzt darauf, letztendlich vor dem Obersten Gerichtshof, das mehrheitlich zu Trump neigt, Recht zu bekommen. Dabei nutzen die Trumpisten bewusst die Zeit. Mit atemberaubender Geschwindigkeit – die »Washington Post« nannte das Vorgehen »Blitzkrieg« – geht die neue geschaffene und von Musk-Leuten gesteuerte »Abteilung für Regierungseffizienz«, kurz DOGE, seit drei Wochen vor: Trump-Loyalisten in Führungspositionen einsetzen, interne Behördendaten einschließlich sensibler und geheimer Informationen abgreifen, die Kontrolle über den Geldfluss übernehmen und schließlich mit Verordnungen oder Drohungen Stellen und Programme eliminieren, die den Zielen der Trump-Regierung ideologisch zuwiderlaufen. Musks junge Computerexperten werden inzwischen »Muskrats« (Bisamratten) genannt.
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USAID, das im Kalten Krieg gegen die Sowjetunion eingerichtet worden war und auch außenpolitische Zwecke verfolgt, operiert mit seinem Jahresbudget von 40 Milliarden Dollar in mehr als 100 Ländern. Jährlich flossen acht Milliarden Dollar in das subsaharische Afrika, größtenteils zur Dämpfung von Hungersnöten, für lebensrettende Medizin sowie die Versorgung von Kriegsopfern und Flüchtlingen. Behördenvertreter allein in Kenia schätzen, dass mindestens 40 000 im Gesundheitsbereich tätige Ortskräfte arbeitslos werden könnten. Auch in Lateinamerika macht sich der Angriff auf USAID bemerkbar. In einem Migrantenheim in Südmexiko war plötzlich kein Arzt mehr zu finden. Ein Gesundheitsprogramm für queere Jugendliche in Venezuela machte dicht. Einige US-Büros in Kolumbien, Costa Rica, Ecuador und Guatemala, in denen bislang Visa beantragt werden konnten, schlossen ihre Pforten.
Die »Verschlankung« von USAID treibt Tausende von Angestellten und ihre Familien in die Arbeitslosigkeit, beeinträchtigt aber auch den US-Landwirtschaftssektor. Denn fast die Hälfte der ins Ausland verschifften Nahrungsmittel, wie Reis, Getreide und Sojabohnen, wurden von Betrieben in den Vereinigten Staaten hergestellt. Laut einem Regierungsbericht lieferten US-Farmer 41 Prozent aller USAID-Lebensmittel. Ab sofort haben sie keine Regierungsaufträge mehr. Nahrungsmittel im Wert von 340 Millionen Dollar liegen seit dem Stopp der Auslandshilfe in irgendwelchen Lagerhallen. Allein im texanischen Houston lagern mehrere Hundert Tonnen Getreide. Neben Farmern gehen auch Forschungsprojekte leer aus, die von USAID finanziert wurden.
Das Drehbuch der Rechtsextremen lautet: bewusst und mit Wucht gegen die Verfassung und andere Rechte verstoßen.
Diese Zahlen ignoriert das Weiße Haus. Eine Sprecherin behauptete auf Anfrage zur Begründung für die Beschneidung von USAID, Trump stelle »Programme ein, die mit der Agenda des amerikanischen Volkes nicht übereinstimmen«. Als Beispiele wurden in einer Mitteilung ein mit zwei Millionen Dollar unterstütztes Gesundheitsprogramm für Transmenschen in Guatemala oder eine mit 1,5 Millionen Dollar unterstützte Antidiskriminierungsinitiative in Serbien genannt.
Zu Musk und seinen DOGE-Bisamratten gesellt sich mittlerweile ein weiterer Trump-Protegé: Russell Vought. Dem von Trump nominierten Ideologen des Make-America-Great-Again wurde vom republikanisch dominierten Senat die Leitung des Office of Management and Budget (OMB) übertragen worden. Damit fällt Vought eine Schlüsselposition in der autoritären Regierung zu, denn das OMB legt die Ausgabenprioritäten für die gesamte Bundesverwaltung fest. Zwar muss formal der Kongress das Budget bewilligen, aber die Behörde bestimmt, wie das Geld ausgegeben wird, entweder durch Verordnungen oder einfach durch die (Nicht-)Weiterleitung der Mittel. Vought ist ein Regierungsprofi und war schon in der ersten Trump-Administration an führender Stelle im OMB tätig. Danach gründete er das Center for Renewing America, das sich der Bekämpfung des »Wokismus« widmet. Es war am »Project 2025« beteiligt und verfasste das entscheidende Kapitel über den autoritären Staatsumbau.
In den ersten Wochen nach der Wahl von Trump wurde Vought als potenzieller Gegenspieler zu Musk gehandelt. Doch die Ziele der Beiden überschneiden sich. Vought hat jetzt zusätzlich noch die Leitung der Finanzverbraucherschutzbehörde CFPB übernommen, die 2008 als Reaktion auf die Finanzkrise zur Regulierung von Banken eingerichtet worden war. Noch in derselben Nacht ließ Vought Musks Computerexperten in die Behörde eindringen, wo sie sich mit KI-Unterstützung an der Soft- und Hardware zu schaffen machten. Musk kommentierte das Ziel auf X mit: »CFPB RIP«.
Übers Wochenende ging es an anderer Stelle weiter: Musks Leute fingerten im Bildungsministerium herum. Es soll komplett aufgelöst werden.
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