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Die DFB-Frauen stehen gegen die Niederlande doppelt unter Druck
Zum Auftakt der Nations League werden Deutschlands Fußballerinnen gleich voll gefordert
Von einer gewissen Vergänglichkeit bleibt auch der Fußball der Frauen nicht verschont. Liegt ja eine ganze Weile zurück, dass Millionen Fans gespannt nach Breda schauten, als bei der EM 2017 in dieser beschaulichen Stadt in der Provinz Noord-Brabant die deutsche Nationalmannschaft ihr Auftaktspiel gegen Schweden bestritt. An der Linie stand damals im halb vollen Rat Verlegh Stadion die Bundestrainerin Steffi Jones. Das Tor hütete Almuth Schult, die Abwehr leitete Babett Peter, das Mittelfeld dirigierte Dzsenifer Marozsan und im Angriff stürmte Anja Mittag.
Heraus kam nur eine fade Nullnummer, und bald darauf war nach einer Niederlage gegen Dänemark das Turnier auch schon beendet, das die deutschen Fußballerinnen bis dahin fast in einer Endlosschleife gewonnen hatten. Statt des achtfachen Europameisters jubelte am Ende Holland über den ersten EM-Triumph seiner Frauen.
Wenn sich nun die Niederlande und Deutschland zum Nations-League-Auftakt eben wieder in Breda begegnen, werden die Teams auf Augenhöhe verortet. »Sie sind mit uns auf einem Level«, sagte Bundestrainer Christian Wück am Donnerstag. Die seit jenem Heimturnier 2017 erstarkten »Oranje Leeuwinnen« haben noch die Vize-Weltmeisterschaft 2019 vorzuweisen, die DFB-Auswahl kann nach der Vize-Europameisterschaft 2022 neuerdings noch auf Olympia-Bronze 2024 verweisen.
Wücks Gegenüber Andries Jonker, der nach der EM in der Schweiz im Juli aufhören wird, habe immer noch eine Mannschaft von hoher Qualität beisammen, betonte der Bundestrainer: »Sie werden uns unter Druck setzen und hoch pressen. Wir müssen und werden uns aber nicht verstecken.« Vor fast genau einem Jahr hatte die DFB-Auswahl im Kampf ums letzte Olympia-Ticket in Heerenveen unter Interimscoach Horst Hrubesch beim 2:0-Erfolg das bessere Ende für sich. Hrubeschs Nachfolger Wück bekräftigte nun auf der Abschlusspressekonferenz in Breda erneut, dass ihm ein anderes Vorgehen vorschwebe, mit einem deutlich aktiveren Stil. »Wir spielen anders, als Horst es wollte«, bekannte der 51-Jährige.
In den Testspielen gegen England (4:3), Australien (1:2), die Schweiz (6:0) und Italien (1:2) gab es – auch bedingt durch viele Wechsel – die ganze Bandbreite an Vor- und Nachteilen von Wücks neuem Ansatz zu sehen. Deswegen will der Bundestrainer jetzt »das Gerüst festigen« und es mit jedem Spiel – das nächste dann gleich am Dienstag in Nürnberg gegen Österreich – »stärker machen«. Leichter gesagt als getan. Denn auf einigen Positionen fehlt nicht nur Qualität, sondern seit geraumer Zeit auch die Konstanz.
Das räumte auch Sportdirektorin Nia Künzer vor dem Spiel in Holland ein, die gleichwohl aus eigener Erfahrung weiß, dass der Vorlauf vor großen Turnieren immer nur bedingt aussagefähig ist. Ähnlich wie Künzer nach insgesamt vier Kreuzbandrissen kämpft auch Lena Oberdorf momentan um die Rückkehr. Die körperliche Präsenz der 22-Jährigen fehlt dem deutschen Ensemble aktuell.
Umso genauer wird Wück hinschauen, wie sich Chelseas Sjoeke Nüsken und Elisa Senß von Eintracht Frankfurt im zentralen Mittelfeld machen. Vorne müssen Selina Çerçi und Giovanna Hoffmann Torgefahr auf internationalem Niveau nachweisen. Und dann ist da noch die Abwehr, in der Rebecca Knaak ihr Debüt gibt. Die frühere Abwehrspielerin des SC Freiburg und von Bayer Leverkusen musste erst 2022 zum FC Rosengaard nach Schweden und nun in diesem Winter zu Manchester City wechseln, um für den DFB interessant zu werden. Inzwischen ist sie 28 Jahre alt. Erwartet hatte sie die Nominierung nicht wirklich, wie sie breit grinsend an Wücks Seite verriet: »Ehrlicherweise hatte ich das Thema Nationalmannschaft für mich persönlich so nicht mehr auf dem Schirm.«
Den Wechsel in die englische Women’s Super League, in die es womöglich auch Nationalspielerinnen wie Wolfsburgs Jule Brand oder Klara Bühl von den Bayern bald ziehen könnte, soll Knaak jetzt noch mal weiterbringen: »Es ist extrem intensiv, irgendwie auch cool, in jedem Spiel an die Leistungsgrenze gehen zu müssen.« Von den Bedingungen sei England »noch einen Schritt besser als andere Ligen«. Dass mit Jill Roord und Vivianne Miedema »zwei niederländische Ausnahmefußballerinnen« jetzt ihre Teamkolleginnen bei Manchester City sind, könnte für Knaaks ersten Einsatz im DFB-Team passender nicht sein.
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