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Sozialdemokratisches Totalversagen
Wer dachte, die SPD wird die letzten Rechte der Entrechteten vor der Union verteitigen, hat sich geirrt
Liest man das Sondierungspapier von CDU und SPD fragt man sich, ob Lars Klingbeil und Saskia Esken wirklich durchgängig bei den Sondierungsgesprächen anwesend waren oder vielleicht einfach streckenweise Nickerchen auf dem Verhandlungstisch gemacht haben. Asylsuchende sollen an den Grenzen zurückgewiesen werden, der Familiennachzug für subsidär Schutzberechtigte ausgesetzt. Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft sollen womöglich ausgebürgert werden können. Ach ja, und sogar das Konzept der Acht-Stunden-Woche haben die Sozis eben mal geopfert. In fast allen wichtigen Punkten hat die CDU ihr Wahlprogramm durchgeprügelt.
Die sogenannten Eingeständnisse, die die SPD der CDU angeblich abringen konnte, sind entweder Peanuts oder ein Schwindel. Die Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro bis 2026 etwa steht nach EU-Mindestlohnrichtlinie ohnehin an. Und die 500 Milliarden für die Infrasturktur, für die sich die SPD am allermeisten feiert, sind schlichtweg eine fiskalpolitische Notwendigkeit, keine sozialdemokratische Errungenschaft. Um die Zinsen für die geplante Megaaufrüstung zu tilgen, braucht der Staat Mehreinnahmen. Für staatliche Mehreinnahmen braucht es eine angekurbelte Wirtschaft, und um die Wirtschaft anzukurbeln braucht es echte Investitionen. Entgegen der Behauptung so mancher Aufrüstungsbegeisterten sind gekaufte Panzer aber keine wirklichen Investitionen, sondern einfach nur ausgegebenes Geld, so können die Mehreinnahmen also nicht generiert werden.
Okay, immerhin die Verlängerung der Mietpreisbremse ist ein klarer Erfolg der SPD – für Merz wird es nicht einfach sein, das an das vermietende CDU-Klientel zu verkaufen. Doch wie gesagt, im Vergleich zu den vielen Wahlprogrammpunkten, der CDU, die sich im Sondierungspapier wiederfinden, sind das nur Peanuts. Wer dachte, die SPD wird die in den vergangenen Jahren stetig nach rechts gerückte CDU in Schach halten und die letzten Rechte der ohnehin entrechteten Teile der Bevölkerung bis aufs Messer verteidigen, hat sich eindeutig geirrt.
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