USA und Iran: Zank um Verhandlungen

Moskau soll Vermittler spielen für Atom-Gespräche zwischen den USA und Iran

  • Dieter Reinisch, Wien
  • Lesedauer: 4 Min.
Ein Polizist vor dem Atomkraftwerk Buschehr im Süden des Irans
Ein Polizist vor dem Atomkraftwerk Buschehr im Süden des Irans

Den Krieg in der Ukraine könne er in kürzester Zeit beenden, dafür würde er hart gegen den Iran vorgehen, hatte der US-Präsident Donald Trump im Wahlkampf angekündigt. Umso gespannter warteten die Journalisten auf das erste wichtige internationale Treffen seit dem Amtsantritt Trumps, in dem Iran eine zentrale Rolle einnimmt: Vergangene Woche tagte im UN-Hauptquartier in Wien das Leitungsgremium (Board of Governors) der dort ansässigen Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO).

Seit dem letzten Treffen im November 2024 war die Stimmung angespannt: Mit Unterstützung der USA legten die E3-Länder, Deutschland, Großbritannien und Frankreich, damals eine Resolution vor, in der der Iran scharf verurteilt wurde. Bis mitten in der Nacht wurde verhandelt. Erst gegen 23 Uhr wurde den Agenturen das Ergebnis von den vier übriggebliebenen Journalisten gemeldet.

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Spannungen zwischen Iran und der Atomenergiebehörde

Vor dem jetzigen Treffen waren die Spannungen auch hoch, da IAEO-Generaldirektor Rafael Grossi während eines Besuchs in Japan dem Iran vorwarf, nicht ausreichend zu kooperieren. »Nicht konstruktiv und politisch motiviert«, nannte daraufhin der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Esmail Baghai, Grossis Kommentare.

Doch das IAEO-Treffen begann ruhig. Auf der Tagesordnung gab es keine neuerliche Resolution gegen den Iran: »Ich gehe nicht davon aus, dass irgendetwas kommt«, betonte der Sprecher der iranischen Vertretung bei der UN in Wien, Mahdi Khalili, gegenüber »nd« am Dienstag.

IAEO-Chef Grossi will bald nach Teheran reisen

Auch Grossi selbst versuchte, die Gemüter zu besänftigen: Er hatte konstruktive Gespräche seit seinem letzten Besuch im Iran, erzählte er der Presse am Montag nach der IAEO-Morgensitzung: »Weiterer Dialog auf höchster Ebene ist wichtig. Ich möchte bald wieder nach Teheran fliegen und mich mit dem Präsidenten und Außenminister treffen«, betonte er. So könne die IAEO und die internationale Gemeinschaft an »einem besseren Platz, in einer besseren Situation« ankommen.

Niemand erwartete eine aufregende Woche, eher ein rein technisches Treffen. Doch dann begannen Gerüchte die Runde zu machen, die USA hätte Moskau gebeten, zwischen Teheran und Moskau zu vermitteln. Der Sprecher der russischen Vertretung bei den internationalen Organisationen in Wien, Suren Agadshanian, wollte das Gerücht zunächst gegenüber »nd« weder bestätigen noch dementieren.

Was das Kalkül der USA hinter dem Vermittlerangebot an Moskau sein könnte, ist weiterhin unklar.

In seiner Rede vor der IAEO gab der russische Botschafter Michail Uljanow am Mittwoch Europa und den USA die Schuld, die Lage zwischen Iran und der IAEO verschlechtert zu haben: »Der Iran erfüllt seine Verpflichtungen aus dem Atomwaffensperrvertrag und dem Sicherungsabkommen«, so Uljanow.

Am selben Tag betonte der iranische Botschafter, Mohsen Naziri Asl, deutlicher als sonst: »Mein Land ist nicht an Atomwaffen interessiert, denn alle Massenvernichtungswaffen sind gegen die religiösen Grundsätze unseres Landes.« Das iranische Atomprogramm würde sich an internationales Recht halten. Die IAEO schreibt regelmäßig in ihren Berichten, dass sie keine Beweise hätte, wonach der Iran an Atomwaffen arbeite, es aber »Fragen zu nuklearen Partikeln an deklarierten Orten« geben würde. Auf deren Klärung aus Teheran wartet die IAEO seit Monaten.

Moskau soll vermitteln

Was das Kalkül der USA hinter dem Vermittlerangebot an Moskau sein könnte, ist weiterhin unklar. Vermutlich will man Teheran an den Verhandlungstisch zwingen, um dort Forderungen zu stellen, denen der Iran nicht zustimmen würde. Dies könnte es den USA ermöglichen, im IAEO-Gremium wieder mehr Unterstützung zu erhalten. Denn im November-Treffen wurde deutlich, wie sehr die Unterstützung einer harten Linie gegen den Iran gesunken war: Die anti-iranische Resolution erhielt zwar eine Mehrheit, es war jedoch die knappste seit zwanzig Jahren.

Die Einladung zu Verhandlungen dürfte auch Teheran überrascht haben: Zunächst behauptete der Iran noch, nie eine derartige Einladung von der Trump-Administration erhalten zu haben. Doch am Samstag meinte Außenminister Abbas Araghtchi in einem Fernsehinterview, nicht unter Druck von den USA verhandeln zu wollen.

Gespräche nicht ausgeschlossen

Am Sonntag dann die überraschende Wende: Die iranische Vertretung bei der UN erklärte auf dem sozialen Netzwerk X, dass das Land Verhandlungen mit den USA über ein Atomabkommen nur dann in Betracht ziehen würde, wenn das Ziel darin bestehe, »Bedenken hinsichtlich einer möglichen Militarisierung des iranischen Atomprogramms auszuräumen«. Also doch Gespräche, aber nur über den zivilen Charakter des Atomprogramms des Irans: »Solche Gespräche könnten Gegenstand einer Prüfung sein.«

Die Zeit bis zum nächsten IAEO-Treffen am 5. und 6. Mai in Wien wird durch intensive Hintertürdiplomatie geprägt sein. Vermutlich wird dieses dann ähnlich lange und hitzig ausfallen wie jenes im November.

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