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Lok Leipzig: Götterfunken aus Probstheida
Im Meisterschaftsrennen der Regionalliga Nordost verliert Lok Leipzig überraschend bei Hertha 03 Zehlendorf
Kleine Sensation in der Regionalliga Nordost. Die Leipziger Loksportler stolperten am Ostersonntag über die winzige Hertha aus Zehlendorf. Noch stehen vier Spieltage aus. Der Vorsprung auf den Halleschen FC beträgt zwar immer noch sieben Punkte. Die Katze ist aber nicht im Sack, der Drops nicht gelutscht, zum Missfallen aller Lokfans. Zum Auswärtskick nach Berlin reisten keine 1000 Menschen an, als hätten sie geahnt, dass im Endspurt möglicherweise ein Fiasko droht.
Im Zweifel für den Zweifel und für die Bitterkeit, singen Tocotronic so schön über Niederlagen, weil auch in der Niederlage ein kleiner Götterfunken lauert. Obgleich, um kombattant mit Beethoven zu sprechen, jeder Fan dem Fan Bruder und Schwester sein will, wo dein sanfter Flügel weilt. Dein ist die Hoffnung, dein ist mein ganzes Herz, unser soll sein: der Aufstieg in die 3. Bundesliga. Bis dahin gilt es für die Loksche, möglichst Sieg an Sieg zu reihen.
Frank Willmann blickt auf den Fußball zwischen Leipzig, Łódź und Ljubljana.
Auch ich drücke den blaugelben Sportsmännern aus Probstheida fest die Daumen. Als Meister hätten sie es allemal verdient, eine oder mehrere Runden in der Dritten zu drehen. Die dritte Liga, der Traum aller abgehängten ostdeutschen Clubs in der Regionalliga Nordost, die eigentlich Regionalliga Ost heißen müsste.
Am 22. April 1987 besiegte LOK Leipzig vor 100 000 Zuschauern im Leipziger Zentralstadion Girondins Bordeaux im Halbfinale des Cups der Pokalsieger im Elfmeterschießen. Ich erfreute mich seinerzeit in Westberlin meines Lebens, hockte aber, wie so viele Ostdeutsche, den langen Aprilabend vor der Glotze, um Leipzigs Torhüter René Müller in den Fußballhimmel entfleuchen zu sehen. Er hielt zwei Elfmeter und setzte den entscheidenden Elfer dann höchstselbst ins linke obere Eck. Für Müller und LOK ein Tor für die Ewigkeit. Achtunddreißig Jahre später feiert am 22. April 2025 (18.30 Uhr in der Aula der Volkshochschule Leipzig) der Dokumentarfilm »Prima, René!« Premiere. Möge der Halbfinalsieg nicht der letzte große Moment in der LOK-Historie bleiben.
Wenn nicht alles komplett schiefläuft, wird das nächste große Ding für Lok die Aufstiegsrelegation im Mai gegen den TSV Havelsee. Wird Lok Meister, tritt man zuerst daheim an, das Rückspiel findet im Niedersachsenstadion zu Hannover statt. Zu Hause vor ausverkaufter Kulisse und in Hannover begleitet von Tausenden Anhängern, hat Lok putativ stimmungstechnisch zwei knorke Heimspiele vor der Nase. Ob es reichen wird, ob Lok das Traumziel erreicht, möglicherweise wieder ein Torwart zum Fußballhelden erwächst, oder ein kleiner Verteidiger, der in der letzten Minute der Nachspielzeit den Leipziger Aufstiegswunsch klarmacht? Wir wissen es nicht und können uns ganz zwei mörderisch spannenden Spielen hingeben. Ein fieses Drama wird es in jedem Fall, weil nur eine Mannschaft aufsteigen wird.
Ein kleiner Trost bleibt Lok im Falle der Niederlage: In der Regionalliga warten in der nächsten Saison sieben gefallene Engel des DDR-Spitzenfußballs. Hallescher FC, Carl Zeiss Jena, FSV Zwickau, BFC Dynamo, Chemie Leipzig, Rot Weiß Erfurt, Chemnitzer FC. Muss ja nicht auf ewig so bleiben. Oder was meint ihr?
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