Wo nur Frauen Tore schießen
Der Weltfriedensdienst organisiert Initiative gegen Gewalt und für Toleranz
»Wir benutzen Fußball, um die jungen Menschen zu erreichen«, sagte gestern Jairo Aguilar Garcia aus Kolumbien am Berliner Sitz des Weltfriedensdienstes e. V. (WFD). Dieser organisiert gemeinsam mit der Initiative PeaceXchange eine friedliche Konfliktbewältigung für Jugendliche aus Deutschland, Österreich, Polen und der Tschechischen Republik.
»Wir wählen jedes Jahr ein neues Thema, das die Jugendlichen interessiert und laden dazu Menschen aus Konfliktgebieten ein, die sich für Frieden einsetzen«, sagte Wera Tritschler vom WFD. Dieses Jahr steht Straßenfußball im Mittelpunkt. Dazu wurden zwei Straßenfußball-Experten aus Ruanda und Kolumbien eingeladen. Die EU-geförderte Maßnahme will bis Ende 2008 Jugendliche dazu bewegen, Gewalt zu vermeiden und mehr über andere Kulturen und Länder zu erfahren.
Jairo Aguilar Garcia organisiert seit 2004 Fußballspiele in Problemgebieten Kolumbiens. »Mit Projekten wie Fußball für den Frieden versuchen wir, Jugendliche zusammenzubringen, um mit ihnen Probleme wie Gewalt, Drogen und Gleichberechtigung zu besprechen«, erläuterte der 33-Jährige. Wenn es um Fußball gehe, sei die Zahl der Teilnehmer hoch. Nur bei einem solchen Anlass könne man mit den Jugendlichen über wichtige Themen diskutieren. »Wir haben schon Workshops gegen Drogenmissbrauch angeboten, und niemand ist erschienen.«
In Kolumbien sei der Ball an sich schon eine große Attraktion, die meisten spielen mit selbst gemachten Bällen. So sei es auch kein Wunder, dass sich die Teilnehmer den Regeln unterordnen. »Wir haben drei grundlegende Regeln. Wir spielen ohne Schiedsrichter, damit die Spieler lernen, ihre Konflikte selber zu lösen. Die Teams müssen gemischt sein, also Frauen und Männer, und das erste Tor darf nur eine Frau machen. Die Männer müssen sie dabei unterstützen«.
In Ruanda, wo die Frauen meist noch weniger Rechte und Anerkennung bekommen, wurde die dritte Regel verändert. »Bei uns dürfen nur die Frauen Tore schießen«, sagte Projektkoordinator des Fußballprojektes ESPÉRANCE Dominique Uwimana. Anfangs gab es Schwierigkeiten, aber mit der Zeit lassen sich immer mehr Männer und Frauen auf die Regeln ein.
Diese Vorgaben gelten auch für Deutschland. Rund 300 Schulen aus Brandenburg beteiligen sich am Projekt. Statt Fußball für den Frieden heißt die Initiative Straßenfußball für Toleranz. Ab dem 19. Mai bis Ende Juni wird nicht nur gespielt, es finden auch Workshops statt. »Nicht nur die Spieler werden etwas lernen, auch für Sozialarbeiter und Lehrer haben wir Projekte im Angebot, wie sie mit Sport oder Musik an die Kinder herantreten können«, erklärte Wera Tritschler.
Berlin beteiligt sich in diesem Jahr nicht. Da es in der Hauptstadt mehrere Initiativen gegen Gewalt und für Völkerverständigung gebe, sei es wichtig, auch andere Regionen zu fördern. 2006 gab es Beispielsweise ein Straßenfußballfest in Kreuzberg mit dem Ziel, soziales Verhalten spielend zu entwickeln. »Wir haben Brandenburg bewusst gewählt, weil es immer im Schatten Berlins steht«, meinte Tritschler.
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