»Wsje ljubjat German!«
Hermann-Ernst Schauer über eine Reise ins Ungewisse, seine erste Rede und das Nationalkomitee »Freies Deutschland«
Er hatte die Gnade der frühen Gefangenschaft. Keinen »Schuss auf den Russ'« hat er abgegeben. In der Nacht vom 21. zum 22. Juni 1941 ist der knapp 18-jährige Leutnant der Wehrmacht mit der »zweiten Welle« in die Sowjetunion eingedrungen und knapp drei Wochen später, am 12. Juli, bei einem Spähkommando in Gefangenschaft geraten. Hermann-Ernst Schauer war bei der Gründung des Nationalkomitees »Freies Deutschland« (NKFD) dabei, das vor 65 Jahren, am 12./13. Juli 1943, in Krasnogorsk bei Moskau ins Leben gerufen worden ist.
In den Krieg zog er, um »Rache für Versailles« zu nehmen. Beim Abschied hat ihn sein Vater, Standortbevollmächtigter für Luftschutz in Rostock, ermahnt: »Bleib aufrecht, mein Sohn.« Was bedeutet das, in Kriegszeiten?
Tausendfünfhundert Kilometer. Es ist seine längste Reise. Eine Reise ins Ungewisse. Wochenlang ist er unterwegs. Es verschlägt den Rostocker in die Tatarische Sowjetrepublik, in ein Kloster, umfunktioniert als Kriegsgefangenenlager. Um der depressiven Stimmung und vor allem der ewigen Lamentierei der älteren Offiziere zu entfliehen, meldet er sich zu einem Holzkommando – und sucht oft die Bibliothek des Lagers auf. Er ist erstaunt über deren reichhaltigen Bestand an deutschsprachiger Literatur; hier gibt es nicht nur Goethe und Schiller, sondern »viele Bücher, die am sogenannten Protesttag deutscher Studenten, am 10. Mai 1933, in deutschen Universitätsstädten in die Flammen geworfen worden sind«. Heinrich Manns »Unte...
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