Im Aufbruch

Das Schwule Museum zeigt Lesben-Ausstellung

  • Norbert Hahnel
  • Lesedauer: 2 Min.

Entlang einer Wand aus fotobehängten Umzugskartons wandert, wer die Ausstellung »L-Projekt – Lesben in Berlin von den 1970ern bis heute« im Schwulen Museum besucht. Zwischen Aufbruch und Improvisation umschreibt Birgit Bosold aus dem Kuratorenteam die Situation der Lesben. Gegenüber dem Kartonturm reiht sich Literatur zum Thema Homosexualität unter Frauen, dem sich das Schwule Museum künftig gleichberechtigt widmen wird.

Expositionen über Lesbenleben bis in die 1950er hinein gab es bereits, weiß Bosold; eine Dokumentation der Zeit ab 1970 sei bundesweit einmalig, sagt sie stolz. Die Liberalisierung und Politisierung der Nach-68er-Generation hatte auch die Frauenbewegung und deren Lesbenflügel erfasst. So entstanden das Frauenforschungs-, -bildungs- und -informationszentrum FFBIZ und der »Spinnboden« als Archiv und Bibliothek. An beide ebenso wie an den einstigen Frauenbuchladen Labrys mit der Doppelaxt als Symbol erinnert die nicht chronologische, vielmehr auf Brennpunkte bezogene Ausstellung.

Ihr erster Raum thematisiert lesbische Sexualität. Fotos von den stets auch stark lesbisch ausgerichteten Walpurgisnachtdemos sieht man da und Zeitungsberichte von 1983 über ein erstes Mordopfer der Community. »Mordet Männer« fordert bald empört ein Graffito, »Entwaffnet Vergewaltiger, organisiert Selbstverteidigung« heißt es auf einem Plakat. Tatsächlich gründeten sich hierauf und allgemein als Antwort auf Gewalt gegen Frauen Karate-Vereine.

Eine Serie klärt über den »Hexenprozess« von Itzehoe auf: Ein lesbisches Paar ließ den gewalttätigen Ehemann eine der Frauen töten, was die Springer-Presse zu wüster Diskriminierung veranlasste. Vom ersten Darkroom für Lesben im besetzten Laden »Pelze« künden Fotos, von der Teilnahme am CSD, vom Aufruhr nach Performances. Ein Plakatbuch von 1978 zeigt Klitorisbilder, eine Vitrine präsentiert Dildo-Urtypen.

Im zweiten Raum geht es um Politik und Orte der Öffentlichkeit: Bars, Bühnen, Straßen, Medien. Ein Cartoon zeigt in zwölf originellen Motiven eine lesbische Währung, Fotos halten nicht nur einschlägige Shows fest, sondern auch ein Frauen-Tangopaar, Drag-Queens in Fummeln, das Spiel mit dem Geschlecht.

Plakate und Fotos feiern eine 1972 formierte lesbische Gruppe, die politische Kernzelle wurde oder die 1994 erschienene »Homo-taz«. Ein Teil des Raums forscht auch lesbischen Aktivitäten in der DDR nach. Vom Wiener Café in der Schönhauser Allee erfährt man dort ebenso, wie vom 1986 begründeten, jetzt in der Greifenhagener Straße ansässigen »Sonntags-Club«. Am 23.8. ab 21 Uhr steigt die Eröffnungsparty im »Goya« am Nollendorfplatz.

Bis 7.12., Schwules Museum, Mehringdamm 61, Telefon 69 59 90 50, www.schwulesmuseum.de

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