Mit brachialer Gewalt Anschluss verlegt

Abwasserstreit in Briesensee eskaliert / LINKE macht Platzeck für Klärwerk-Desaster verantwortlich

  • Lesedauer: 2 Min.

Briesensee (dpa/ND-Kröger). Unter polizeilichem Zwang ist im Abwasserstreit in Briesensee bei Lübben (Dahme-Spreewald) am Mittwoch der Zwangsanschluss eines Grundstückes durchgesetzt worden. »Mich haben fünf Polizisten aus meiner Barrikade rausgeklaubt«, berichtete die Grundstückseignerin Doris Groger dem ND. Die resolute Frau, die auch gleichzeitig Ortsbürgermeisterin (parteilos) von Briesensee ist, hatte gemeinsam mit Familienmitgliedern und Unterstützern versucht, den Anmarsch des Baggers zu unterbinden.

»Ich habe nach allen Regeln der Kunst versucht, mich zu wehren«, schilderte Doris Groger die Vorgänge gegenüber ND. Wobei sie sich auf ausschließlich friedliche Mittel des Widerstands und das Grundgesetz berufen habe. Dennoch sei sie ins Gefängnis gesteckt und erst gegen Mittag wieder freigelassen worden.

Insgesamt wurden fünf Personen in Gewahrsam genommen, teilte die Polizei mit. Sie hätten zuvor Platzverweise nicht befolgt. Drei Personen erhielten überdies Anzeigen wegen Widerstandes, weil sie sich gegen den Polizeieinsatz gewehrt haben sollen. Die Beamten waren mit mehr als 20 Mann im Einsatz, um dem Amt Lieberose/Oberspreewald Vollzugshilfe zu leisten. Grundlage waren rechtskräftige Gerichtsbeschlüsse für den Zwangsanschluss an das Kanalisationsnetz.

Die LINKE-Fraktion im Landtag beschuldigte unterdessen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD), die Verantwortung für die Eskalation des Konfliktes in Briesensee zu tragen. Die zu großen Kläranlagen und der hohe Schuldenstand der Zweckverbände gingen auf den damaligen Umweltminister Platzeck zurück, hieß es in einer Mitteilung.

Die Ortsbürgermeisterin sei »mit brachialer Gewalt« darin gehindert worden, ihre ökologisch vorbildliche Wasser-Wiederaufbereitungsanlage zu nutzen. Damit werde gegen den Willen des Landtages verstoßen. Dieser habe es 2002 abgelehnt, eine von der Landesregierung vorgesehene Regelung zum Verbot von Aufbereitungsanlagen im Wassergesetz zu verankern. Im ähnlichen Fall einer Familie in Rauen sei deshalb das Verfassungsgericht angerufen worden.

In Briesensee war im Mai ein Versuch zum Zwangsanschluss gescheitert. Die Familie hatte den Zugang zum Grundstück verbarrikadiert und das Tor zugeschweißt. Die Polizei vermittelte damals ein Schlichtungsgespräch. Die Grundstückseigentümer lehnten ein Kompromissangebot ab, die Öko-Kläranlage in Betrieb zu lassen und einen Blindschacht zu installieren. Sie wollen weiterhin vor dem Europäischen Gerichtshof gegen den Zwangsanschluss klagen, sagte Doris Groger.

Auch den gestern verlegten Zwangsanschluss will Groger nicht akzeptieren: Bereits kurz nach der Entlassung aus der Haft begab sie sich auf ihr Grundstück zurück, um das neu verlegte Rohr wieder rauszuholen. »Das bringe ich dem Amtsdirektor zurück«, kündigte Doris Groger für den heutigen Tag an.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -