»Es geht uns alle an«
Jagdish Bhagwati über Gandhi, Nehru, die Globalisierung und die Finanzkrise
Er gilt seit einigen Jahren als heißer Kandidat auf den Nobelpreis für Wirtschaft, der am heutigen Montag wieder vergeben wird. Im Gegensatz zu seinem Kollegen Joseph E. Stiglitz (der 2001 den Nobelpreis erhalten hat) verteidigt Jagdish Bhagwati weiterhin vehement die Globalisierung. Der 1934 in Bombay geborene Professor an der Columbia University (USA) beriet internationale Institutionen wie GATT, WTO und UNO in Globalisierungsfragen. Mit dem gemeinsam mit seiner Frau Padma Desai verfassten Werk »India: Planning for Industrialization« hat er Reformen in Indien inspiriert. Er berät den indischen Premier und ist Mitglied von Human Rights Watch Asia. Seine Streitschrift »In Defense of Globalization« (Verteidigung der Globalisierung) ist dieser Tage auf Deutsch erschienen (Pantheon, 524 S., 16,95 EUR). Mit dem indischen Ökonomen sprach Karlen Vesper.
ND: Während viele Vordenker der modernen Globalisierung mittlerweile von ihren früheren euphorischen Überzeugungen abgerückt sind, bleiben Sie ein leidenschaftlicher Verfechter dieser. Sind Sie der letzte Mohikaner?
Jagdish Bhagwati: Ich hoffe nicht.
Was würde Mahatma Gandhi zu Ihrer vehementen Verteidigung der Globalisierung sagen? Er schwor auf Autarkie.
Ich stamme aus Gujarat, dem indischen Bundesstaat, in dem Mohandas Karamchand Gandhi seinen berühmten Ashram hatte. Ja, er schwor auf Selbstversorgung. Das war Teil des nationalen Unabhängigkeitskampfes. Boykott englischer Waren, Spinnrad, Salzmarsch ... Dies diente dazu, die Massen zu mobilisieren, ihr Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen zu heben. Ohne die Massenmobilisierung wäre die Unabhängigkeit Indiens nicht zu erreichen gewesen. Zugleich wollte Gandhi damit die große Armut der Millionen Menschen auf dem Lande mildern, die damals mindestens 75 Prozent der Bevölkerung Indiens ...
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