Ein Quantum was?

Der durchs Geschehen hetzende 007 behält in »Ein Quantum Trost« seine Angewohnheit bei: Er tötet und tötet

  • Hanno Harnisch
  • Lesedauer: 3 Min.

Jedesmal, wenn es einen neuen James-Bond-Film gibt, wird ein Riesenapparat in Bewegung gesetzt, ihn mit den vorhergehenden in eine Beziehung zu bringen. Warum eigentlich? Dass Bond weiterhin eine Marke bleibt, dass möglichst viele Menschen sich diesen Film ansehen, dass in diesem aktuellen Fall aus 200 Millionen Dollar Produktionskosten (bisheriger Rekord bei den Bond-Filmen, der erste kostete gerade mal eine Million) möglichst schnell ein Vielfaches dessen an den Kinokassen wieder zurückgespült wird.

Was ist denn dieses Mal anders, ja vielleicht sogar besser? Kontinuität und Erneuerung heißt die Zauberformel (noch irgendwie bekannt aus der DDR, hat aber letztendlich nicht funktioniert). Der Hauptdarsteller Daniel Craig ist beides in Einem. Dieser Film soll an den vorangegangenen, an »Casino Royal«, direkt anknüpfen. Doch nur der Held fährt in seinem Sportwagen aus einem Kino in das nächste. Die Erinnerung an seine letzte Geliebte Vesper Lynd, die ihn verriet und sterben musste, wird bemüht, um den Faden weiterzuspinnen. Und doch ist es keine richtige Geschichte, die uns jetzt erzählt wird. Wenn es überhaupt eine gibt, dann die, dass der regierungsamtliche Auftragskiller immer noch munter tötet (im Namen der »gerechten« Sache), währenddessen seine Auftraggeber längst mit den Schurken kooperieren.

In Ian Flemings Kurzgeschichte »Quantum of Solace« wird James Bond auf einer Abendgesellschaft eine kleine Geschichte erzählt. In Marc Forsters kurzem Film – 106 Minuten – wird nur noch gezeigt, wie James Bond (nicht Jason Bourne) einen tollkühnen Stunt nach dem anderen hinlegt, um die Welt vor einem wasserverknappenden Bösewicht zu retten. Hatten wir es in Forsters »Monster's Ball« noch mit richtigen Menschen und einer krassen Story (und einem Oscar für Halle Barry, die ja auch einmal ein Bond-Girl sein durfte) zu tun, gab es in den »Bourne«-Filmen noch eine Draufsicht auf die Verderbtheit der Geheimdienste, so gibt es jetzt nur noch Geballer um des Geballers willen. Daran ändert auch Olga Kurylenko nichts, die demnächst an der Seite von Mark Wahlberg (in »Max Payne«) zeigen kann, dass sie Klasse hat. In »Ein Quantum Trost« liegt sie alsbald als in Öl eingelegte Leiche herum. Währenddessen Bond munter – und vollkommen ironiefrei – ballert gegen »Quantum«. Da kann (und will) auch die kühle Chefin M (wie immer überzeugend: Judy Dench) nicht mehr helfen.

Bond (Craig) verausgabt sich am Gardasee und am Bodensee (vor einer fulminanten Opernkulisse), verschießt seine Platzpatronen (200 000 davon soll die Produktion verbraucht haben) weiter auf Haiti, in Russland oder in Bolivien. Doch die Action (die Craig größtenteils selbst und ohne Double zeigt) wirkt wie aus einem Videospiel auf die Leinwand gebracht.

So rasant gedreht Verfolgungsjagden auf der Straße oder mit dem Schlauchboot auch sind, so opulent eine Hatz durch das mittelalterliche Siena unter der Stadt und auf der Höhe der Dächer auch ins Bild gesetzt wird, so endgültig auch der Show-down, der ein ganzes Wüstenhotel zerlegt, auch choreografiert wurde, so will sich der im Titel bemühte Trost partout nicht einstellen. Und da sind wir wieder beim Anfang: Möglichst viele Menschen sollen sich diesen 22. Bond-Film ansehen (wozu hier explizit nicht aufgerufen wird). Ein 23. ist schon so gut wie in Arbeit. Und auch Daniel Craig schon so gut wie unter Vertrag. Und vielleicht kann ja dann auch Amy Winehouse ihren Titelsong vollenden, sollte sie wieder trocken sein. Die Marke Bond stirbt wohl nie.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.