»Erichs Lampenladen« lebt weiter

Der Palast der Republik ist abgerissen, aber ein Hotel in Thomsdorf hat noch baugleiche Leuchten

  • Uwe Werner
  • Lesedauer: 3 Min.
Griet und Ingo Meyer vor den geschichtsträchtigen Leuchten im »Haus Thomsdorf«
Griet und Ingo Meyer vor den geschichtsträchtigen Leuchten im »Haus Thomsdorf«

Es klingt wie eine Sage: Vor wenigen Tagen machte der Palast der Republik noch einmal Schlagzeilen, als es bei dem Abriss des letzten Treppenturms Schwierigkeiten gab. Nun ist der Palast komplett weg. Es gibt Menschen, die freuen sich, dass das Gebäude aus dem Herzen Ostberlins verschwunden ist. Andere erinnern sich gern an frohe Stunden beim Bowling, in den Restaurants, mit der Familie, Freunden oder Arbeitskollegen in »Erichs Lampenladen«, wie der Palast auch genannt wurde.

Und solche Lampen gibt es noch! Sie hängen in einem Hotel in der Uckermark. Wie es dazu kam, ist eine lange Geschichte. Erzählen können sie Griet und Ingo Meyer, die in dem Dorf an der Grenze zwischen der Uckermark und der Feldberger Seenlandschaft in Mecklenburg-Vorpommern seit 1992 ihr 42-Betten-Hotel »Haus Thomsdorf« betreiben.

»Zu DDR-Zeiten war unser Haus das Betriebsferienheim des Schweinezucht- und Mastkombinats Haßleben«, berichtet Ingo Meyer. »Zunächst war 1979/1980 mit dem Bau eines Bettenhauses als Arbeiterwohnheim begonnen worden. Später folgten dann Gaststätte, Saal, Küchentrakt und Schwimmbad.«

Ehefrau Griet erinnert sich, wie das Gebäude zu den Palast-Lampen kam: »Gebaut haben hier damals das Landbaukombinat und der VEB Starkstromanlagenbau Rostock. Die Betriebe bekamen dafür im Haus regelmäßig Ferienplätze für ihre Mitarbeiter. Die Rostocker Starkstromanlagenbauer haben auch am Palast der Republik mitgebaut. Unsere Lampen wurden dort nicht etwa abgezweigt, sondern ganz offiziell von derselben Leipziger Firma geliefert, die auch den Berliner Auftrag erhalten hatte.«

Im Ferienheim der Schweinemäster aus Haßleben wurde also planmäßig das Prinzip des damals modernen »Lichtdoms« umgesetzt. Es wurden genau 64 Lampen in acht Schaltkreisen installiert, die bis heute zuverlässig strahlen. »Aber heutzutage, wo Strom immer teurer wird, mussten wir uns etwas einfallen lassen. Viele Glühlampen haben wir bereits durch Energiesparlampen ersetzt«, sagt Ingo Meyer. Im Laufe der Zeit sind beim Saubermachen an die zehn gläserne Lampenglocken zu Bruch gegangen. »Momentan haben wir noch zwei der inzwischen wertvollen Dinger in Reserve.« Nun möchte so leicht keiner mehr auf die Leiter und putzen. »Keiner will Schuld sein, wenn was kaputt geht.« Griet Meyer bedauert, dass sie sich nicht vor dem Palastabriss um Nachschub gekümmert hat.

Was sagen die Gäste des Hotels zu den einmaligen Leuchtkörpern aus einer längst vergangenen Zeit? »Da gehen die Meinungen weit auseinander«, erzählt Ingo Meyer. »Die einen fragen, was der alte Krempel, der doch technisch überholt und ästhetisch fragwürdig ist, hier noch soll. Die anderen warnen vor ›Denkmalstürmerei‹ und sagen ›Lasst das bloß alles so, wie es ist!‹« – und das ist auch die Ansicht des Hotelchefs.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.