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»Greenwashing« mit Drehtüreffekt

Preise für die schlimmsten Lobbyisten im EU-Parlament verliehen

  • Gerhard Klas
  • Lesedauer: 2 Min.
Ein europäisches Netzwerk zeichnete am Dienstag die schlimmsten Lobbyisten und willfährigsten Politiker aus.

Der Malaysian Palmoil Council gewann als einer von drei Verbänden der Agrarlobby in diesem Jahr den Negativpreis »Worst EU-Lobby Award«. Sie stellten Palmölplantagen und Zuckerrohr als umweltfreundliche Erdölalternative dar, obwohl dafür Regenwälder abgeholzt und zum Anstieg der Nahrungsmittelpreise beigetragen wird. Eine irreführende Kampagne, meinten über 50 Prozent der 8700 Abstimmungs-Teilnehmer.

Nominiert für den Preis, den der Kölner Verein Lobbycontrol zusammen mit den Nichtregierungsorganisationen Corporate Europe Observatory, Friends of the Earth Europe und Spinwatch auslobt, waren noch vier andere Verbände, darunter die Internationale Flug- und Transportvereinigung IATA, in der auch die Lufthansa organisiert ist. Ihr wurde ebenfalls »Greenwashing – Grünfärberei« vorgeworfen. Die IATA hatte verbreitet, dass Fliegerei zwei Prozent der CO2-Emissionen verursache. Aber die Zahl ist von 1992. Experten gehen davon aus, dass sie sich mehr als verdoppelt hat. Die IATA verschweigt auch, dass diese Emissionen wegen ihrer Platzierung in den oberen Atmosphäreschichten wesentlich gefährlicher sind als CO2, das in den unteren Schichten freigesetzt wird. Um laxere Vorschriften für die Reduzierung von Treibhausgasen im Flugverkehr zu erreichen, drängte die IATA die australische Regierung, notfalls rechtlich gegen die EU vorzugehen. »Diese finanzstarken Lobbygruppen üben einen enormen Druck aus«, so Ulrich Müller von Lobbycontrol. »Andere gesellschaftliche Interessen, zum Beispiel soziale und ökologische, fallen dabei schnell unter den Tisch.«

Wo Einflüsterer sind, da muss es auch Zuhörer geben. Deshalb lobten die Initiativen zusätzlich den Worst Conflict of Interest Award aus, den Negativpreis für Beamte und Politiker, die dem Allgemeininteresse verpflichtet sind, aber in Wirklichkeit für eine kleine, meist finanzstarke Klientel arbeiten.

Den Preis gewann eine Europaabgeordnete der Konservativen Partei Finnlands, Piia-Noora Kauppi (Foto: Archiv). Seit 1999 arbeitet sie im Wirtschafts- und Währungsausschuss ECON, der mit der Finanzmarktregulierung in Europa beschäftigt ist. Sie pflegte enge Beziehungen zu den Lobbyisten der Großbanken. Ab Januar 2009 wird sie Geschäftsführerin einer finnischen Banken- und Versicherungsgruppe.

Dieser »Drehtüreffekt« sei kein Einzelfall, so Müller. Politiker sollten sich erst einmal »abkühlen, bevor sie vom Parlament geradewegs in einen Lobby-Job wechseln«. Er spreche sich damit aber nicht für Berufsverbote aus, betont er: »Es gibt ein berechtigtes Inte-resse, dass finanzstarke Lobbys sich nicht einfach Politiker einkaufen können, die an wichtigen Entscheidungspositionen sitzen«, so Müller. Lobbycontrol fordert auch ein verpflichtendes Lobbyistenregister. In Brüssel machten die Lobbyisten aber Lobby in eigener Sache und verhinderten, dass ein Register zustande kommt.

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