Im Dunkel
Otto Prokop tot
Der Gerichtsmediziner hat, zumindest im Fernsehen, den Kommissar besiegt. Nicht erst, seit Ulrich Mühe »Der letzte Zeuge« wurde. Im finsteren Bereich von Mord und Totschlag ist der Gerichtsmediziner ein Schillernder, und das Schillern wurzelt in mystischer Ahnung, da setze einer das Messer an, um in Körper zu dringen – und fände sogar die Seele ...
Otto Prokop, der Wiener in der DDR, der perlende Rhetor mit der unvermeidlichen Fliege, der Prof. Dr Dr. med. h.c. mult., der seine erste Doktorarbeit über »Mord mit Tierhaaren« schrieb, jener oberste Gerichtsmediziner der Charité und dutzendfache Buchautor, der auch einen Bildatlas mit zweitausend (!) Toten herausgab, der beteiligt war am Forschen über Mozarts Sterben, sich besonders in Blutgruppen, Schusswunden und beim Wassertod auskannte, dieser begehrte Gutachter gegen betrügerische Hellseher, Wahrsager und Geistheiler, diese internationale Koryphäe also, die wegen ihres Lebens in einer kommunistischen Klinik zum Strafrentner wurde – dieser quirlige, charmante, grandios erzählende Otto Prokop starb vorige Woche, 87 Jahre.
Er hat Mörder überführt, falsche Täter entlastet, Mauertote seziert. Mancher Befund blieb auf dickerem Eis liegen als jeder Tote. DDR-Grenzer Egon Schultz, Opfer und Held des Kalten Kriegs, von Fluchthelfern erschossen? Neun Kugeln kamen aus der Kameraden-Kalaschnikow ...
Sein erfolgreicher Weg führte über fast fünfzigtausend Leichen, zum Wohle der Wahrheit. hds
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