Finanzieller »Giftmüll« bei der BVG

Unternehmen droht durch Finanzkrise Verlust von 80 Millionen Euro

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 2 Min.

Was einst auch vom Finanzsenat als »modernes Finanzierungsinstrument« gelobt wurde, droht jetzt für die BVG zum Desaster zu werden: das sogenannte Cross Border Leasing (CBL). Bei der BVG rechnet man damit, dass auf sie in diesem Jahr Forderungen von etwa 80 Millionen Euro zukommen werden. Doch es könnte auch noch schlimmer kommen. Denn insgesamt musste das Unternehmen, wie berichtet, Rückstellungen über insgesamt 156,3 Millionen Euro bilden, um die Risiken ihrer früheren Kreditgeschäfte abzusichern.

Das CBL-Konzept galt vor ein paar Jahren als Goldgrube für klamme Kommunen. Städtische Kanalnetze, Schulen, Bahnen wurde an US-Investoren verkauft und gleich zurückgemietet. Bei der BVG waren es zwischen 1997 und 2002 insgesamt 427 U-Bahn- und 511 Straßenbahnwagen. Rechtlich blieben die BVG weiterhin Eigentümer, aber durch die Scheininvestitionen erzielten die Investoren Steuervorteile, die sie teilweise als »Barvorteil« an den Verkäufer weitergaben. Der BVG hat der Deal 68,9 Millionen Euro Gewinn eingebracht, hinzu kommen 35,1 Millionen Euro Zinsersparnis.

Das könnte sich jetzt ins Gegenteil verkehren, weil Garanten des komplizierten Leasing-Geschäfts in Schwierigkeiten geraten sind. Als 2007 die Landesbank Berlin (LBB) verkauft wurde, die bisher einen Teil der Risiken abgesichert hatte, schaltete die BVG die US-Bank J.P. Morgan ein. Die empfahl, das Risiko auf 150 kleinere Investoren zu verlagern.

Doch statt der erhofften Risiko-streuung tritt eher das Gegenteil ein – die BVG droht für das gesamte Paket von über 156 Millionen Euro in Haftung genommen zu werden. »Uns wurde erklärt, dass wir erst haften, wenn alle 150 Unternehmen zahlungsunfähig werden«, so ein BVG-Sprecher. »Jetzt hat sich herausgestellt, dass wir bereits zahlen müssen, wenn nur 5 bis 15 Unternehmen wegbrechen.« Bis Ende 2008 seien es bereits sieben gewesen. Eine Forderung sei bei der BVG aber noch nicht eingegangen. Es sei aber denkbar, dass etwa die Hälfte der Gesamtsumme eingefordert werde.

»Die BVG hat die Katze im Sack gekauft und wird jetzt quasi zur Giftmülldeponie für die toxischen Papiere«, so der Finanzexperte der Grünen, Jochen Esser. Er rechnet damit, dass die Schuldenlast der BVG durch das »Finanzabenteuer« auf über eine Milliarde Euro ansteigen wird. »Am Ende werden vermutlich der Steuerzahler oder die Fahrgäste die Zeche zahlen müssen«, so Esser.

Zunächst will die BVG aber überhaupt nicht zahlen. »Sobald eine Forderung eingeht, werden wir dagegen juristisch vorgehen«, hieß es. Denn das Unternehmen fühlt sich durch J.P. Morgan falsch beraten. Auf die Ticketpreise werde der ganze Vorgang jedenfalls »nicht sofort« durchschlagen.

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