Das Hoffen der Anleger und Patienten

PlasmaSelect: Hoffnungsträger im nordöstlichen BioCon-Valley bleibt ungebremst auf Talfahrt

Die Firma PlasmaSelect schreibt tiefrote Zahlen. Wer hier investiert ist, leidet ebenso wie zahlreiche Diabetiker, die immer noch auf das angekündigte Wunder gegen ihre Wunden warten.

Der einstige Hoffnungsträger des mecklenburgischen BioCon-Valley schwimmt im Tal der Tränen. Noch im Sommer 2000 hofierte der Kanzler die Teterower Medizingerätefirma, worauf sich der Aktienkurs noch einmal aufbäumte. Seither geht es ungebremst bergab. Bei etwas über 1 Euro schlug der Kurs, der bei 45 Euro begonnen hatte und auf einsame Höhe von 179 Euro gestiegen war, hart auf. Seither pendelt er unentschlossen zwischen 2 und 3 Euro. Das letzte Geschäftsjahr brachte ein Ergebnis pro Aktie von minus 1,74 Euro. Guter Grund, so meinten die Aktionäre auf ihrer Hauptversammlung vorigen Donnerstag, das mal erläutert zu bekommen. Doch Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Riggers schwelgte stattdessen weiter in Gründerträumen und versicherte nur vage, der »Turn-around« sei geschafft, die Firma auf dem besten Weg nach oben. Weder die Altaktionäre, die nahezu alles eingesetzte Risikokapital verloren haben, noch die Patienten kann das trösten. Die umfangreichen Veränderungen im Unternehmen haben bisher außer Kündigungen wenig Sichtbares gebracht, geschweige denn einen Patienten von seinen Leiden erlöst. Es sei denn, er gehörte zu den Auserwählten, die in einer klinischen Versuchsreihe eine Chance bekamen. Riggers Geschäftsidee ist immer noch bestechend: Sehr viele Diabetiker leiden in Deutschland am »Diabetischen Fußsyndrom«, an Wunden, die einfach nicht heilen wollen, dafür aber gern zur Amputation führen. Mit RheoSorb werden »Fibrinogene eliminiert« und somit die Fließeigenschaften gerade in feinen Blutgefäßen verbessert. Die schmerzenden Wundflächen heilen aus. Der Markt hierfür ist nahezu grenzenlos und könnte Kranke wie Anleger glücklich machen. Doch bisher passierte nur »eine beispiellose Kapitalvernichtung«, wie Malte Diesselhorst von der Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW) das unternehmerische »Desaster« beschrieb. Ursache sei nicht nur ein »unfähiges Management«, sondern vor allem die feudale Struktur des Unternehmens: Ein Riggers im Vorstand, zwei mal Riggers im Aufsichtsrat. War es bei dieser Familienwirtschaft ein Wunder, fragte Anlegerschützer Diesselhorst, dass »der Verlust höher wurde als der Umsatz«? Geradezu grotesk wurde es, als Riggers von »Verlusten beim Verkauf von Wertpapieren« berichtete. Statt in die Forschung zu stecken, wurde das Geld, das durch den Börsengang beschafft wurde, gleich wieder in der Börse investiert. Die größten Probleme machten jedoch Studien, die von Diesselhorst als »dilettantisch und nicht verwendbar« beschrieben wurden, und nun wiederholt werden müssen, ohne dass ein erfolgreiches Ende absehbar wäre. Vorstandsvorsitzender Riggers jetzt: »Wir lassen uns nicht mehr drängeln, die Studien brauchen Zeit.« Von der Brauchbarkeit der klinischen Studien hängen nicht nur die Gesundheit der Patienten ab, sondern auch die »geregelte Kostenerstattung« durch die Kassen, die von Plasmaselect erhofft und beschworen wird. Auch davon wird letztlich der Erfolg des Unternehmens bestimmt. Lässt die Markteinführung aber noch lange auf sich warten, dürfte das »Alleinstellungsmerkmal« für PlasmaSelects Geschäftsidee bald dahin sein, denn die Konkurrenz schläft nicht. Von den versprochenen 300 Arbeitsplätzen sind 110 geblieben. Auf ihren Aktien werden die Aktionäre wohl erst einmal sitzen bleiben. Manche fürchten schon, ihr Sorgenkind als Totalverlust buchen zu müssen, wenn es erst im Pennystocks verschwindet. Eines jedoch ist sicher. Sollte das Produkt so gut sein, wie die Familie Riggers versichert, wäre die Firma ein prima Übernahmekandidat...

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