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»Schöne Ferien« im Wohnblock vergrault Mieter

In der Wilhelmstraße werden leere Wohnungen systematisch zu Touristen-Apartments umgenutzt

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.
Bei Touristen beliebt: Der Wohnblock Wilhelmstraße. Um die Ecke ist die Zimmervermittlung.
Bei Touristen beliebt: Der Wohnblock Wilhelmstraße. Um die Ecke ist die Zimmervermittlung.

Einst hatten hier Promis wie Katarina Witt oder Günter Schabowski eine für DDR-Verhältnisse komfortable Bleibe, dann zog es auch Angela Merkel und Treuhandchefin Birgit Breuel in die Wilhelmstraße. Und derzeit erfreuen sich die Plattenbauten aus der Spätzeit der DDR vor allem bei Touristen großer Beliebtheit: Ab 55 Euro pro Übernachtung werden die »Apartments am Brandenburger Tor« vermietet. Ein lukratives Angebot.

Für die »regulären« Mieter in den Häusern allerdings ein immer größeres Problem. Noch sind sie in der Mehrzahl, doch das könnte sich ändern. »In meinem Aufgang sind von 21 Wohnungen schon zehn an Feriengäste vermietet«, ärgert sich Daniel Dagan, in anderen Aufgängen sollen es noch mehr sein. Insgesamt sollen von rund 900 Wohnungen bereits 250 »hotelähnlich« genutzt werden, wie die Mieter in detektivischer Kleinarbeit herausgefunden haben. Um sich dagegen zu wehren, haben sie sich zu einem Anwohnerverein zusammengeschlossen.

Denn was Touristen in Urlaubslaune versetzt, bringt die übrigen Bewohner auf die Palme: laute Musik aus den oft überbelegten Apartments und Partys die ganze Nacht hindurch, dazu häufig blockierte Fahrstühle, Abfallberge in den Müllräumen, Putzkolonnen, die gerne auch am Sonntagmorgen staubsaugen, und Gäste, die nachts schon mal beim Nachbarn klingeln, weil sie ihr Quartier nicht finden. »Man fühlt sich fremd im eigenen Haus und weiß nie, wer gerade neben einem wohnt«, sagt Dagan, der Vorsitzender des Anwohnervereins ist. Der israelische Journalist wohnt seit zehn Jahren in der Wilhelmstraße.

Angefangen hat alles vor fünf Jahren, als die Wohnungsbaugesellschaft Mitte die Blöcke an die B.Ä.R. Grundstücksgesellschaft verkaufte. Seitdem werden leer stehende Wohnungen systematisch zu Ferienwohnungen umgenutzt. Und nicht nur, weil der Eigentümer dadurch mehr Profit rausschlagen kann, vermutet Dagan. »Die wollen uns rausekeln.« Eigentliches Ziel sei es dann, die Häuser abzureißen und Luxuswohnungen zu bauen.

Hinweis darauf sind auch drastische Forderungen nach Mieterhöhungen um bis zu 170 Euro. Rechtsanwalt Oliver Ostendorf von der Mieterberatungsgesellschaft Asum glaubt aber nicht, dass B.Ä.R. damit durchkommt. »Das gibt der Mietspiegel nicht her.« Manche Bewohner versuchen, den Spieß umzudrehen: Eine Mieterin erstritt vor Gericht eine Mietminderung von sieben Prozent.

Die Anwohner fordern vom Senat, die »hotelähnliche Nutzung« zu unterbinden. Der sieht dafür keinen Anlass, zudem hat er erst vor ein paar Jahren das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnungen aufgehoben, so dass deren gewerbliche Nutzung wieder möglich ist. Und Ferienwohnungen gelten nicht als Hotelnutzung mit den dafür geltenden Auflagen für Brandschutz, Fluchtwege, Hygiene. »Eine Lücke im Gesetz«, so Rechtsanwalt Ostendorf, wobei der Gesetzgeber wohl eher an das kleine Ferienhaus an der Küste als an diese systematische Nutzung gedacht habe.

So können die Bewohner wohl nur auf das Verständnis ihrer Kurzzeit-Nachbarn hoffen, die sie in einem Schreiben über ihre Situation informieren, darunter der Gruß: »Und trotzdem einen schönen Aufenthalt in unserer Stadt!«

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